Dienstag, 17. Februar 2015

Die orange Revolution

Als vehemente Verfechterin von Interieurs, die primär gedeckten Farben huldigen, klassifizierte ich Orange bisher eher als Irritation und weniger als Inspiration. Einfach, weil es eine tausendfach missbrauchte Mainstream-Farbe zu sein scheint. Immer wenn jemand sagt „Ich brauche einfach mal ein bisschen Farbe in der Wohnung“, dann ist in 90% aller Fälle klar, dass diese Farbe Orange sein wird und dass sie sich in eben diesen Wohnungen - ähnlich einer ansteckenden Krankheit - rasend schnell ausbreitet. Wände werden gestrichen, Sofakissen neu bezogen, sämtliche Vasen, Kerzenhalter und Tischsets ausgetauscht, passende Bilder gekauft und Lampenschirme ersetzt. Alle Schattierungen sind vertreten. Von Terracotta über Pfirsich hin zu Apricot wird alles dabei sein und es wird nicht geruht, bis am Ende ein furchteinflössender, Apfelsinen farbiger Frohsinn die Kontrolle übernimmt. 

Source: http://www.kitcheninteriordesign.org/color-of-the-year-turquoise

Psychologen behaupten, diese Farbe fördere die Kraft, die Freude und die Geselligkeit. Das mag ja sein, aber aufgepasst, wer die ganze Wohnung auf Orange trimmt, wird am Ende vor lauter gute Laune durchdrehen! Was immer verschwiegen wird: ganzheitliche Orange-erie kann zu Sehstörungen, Cellulite und Besinnungslosigkeit führen. Lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.


Source: http://www.hgtvremodels.com/interiors/

Nun ist an der Farbe eigentlich nichts auszusetzen, aber muss sie denn unbedingt in jeder guten Stube mehrfach in allen Schattierungen vorkommen? Revolutionär ist das nicht. Für einen echten Umsturz in Sachen Farbe müssen schon gröbere Geschütze aufgefahren werden. Wie schön wäre es, wenn in Fällen von akutem Farb-Defizit zur Abwechslung mal auf tollkühnes Pink, mediterranes Türkis oder glamouröses Violett gesetzt würde? Verblüffung und Freude herrschten, um unseren Altbundesrat Ogi zu zitieren, der übrigens schon immer Grün bevorzugte; besonders bei Tannen. Wir erinnern uns.


Source: http://thesweetestdigs.com/2010/10/05

Aber ich schweife ab. Auf jeden Fall habe selbst ich mich inzwischen mit der Farbe Orange versöhnt. Wir haben uns angefreundet. Ich habe mich vom Saulus zum Paulus gewandelt. Bin von der vehementen Opponentin zur zärtlichen Verehrerin mutiert, und das ist in meiner eigene kleine Gedankenwelt ein wirklich revolutionärer Gesinnungswandel. Ich habe eingesehen, dass diese allseits beliebte Couleur besser ist als ihr oben beschriebener Ruf. Allerdings nur, wenn sie spärlich, dafür umso lustvoller angewandt wird. So kommt sie am besten zur Geltung und kann ihre positiven Attribute entfalten. In Verbindung mit Pink wird Orange zur orientalischen Verheissung. Zusammen mit Türkis verbereit sich südländisches Flair. Im Duett mit Grau erklingt urbaner Sound. In Partnerschaft mit Weiss entzündet sich die Unschuld. Ich bin ein Fan geworden, weil Orange eine Farbe ist, die subtilen Humor besitzt. Sie schmunzelt hier ein bisschen und lächelt dort ein wenig, aber keinesfalls erzählt sie in jeder Ecke Gassenhauer. Die Revolution ist Orange. Und zwar in kleinen Portionen. Probieren Sie es aus!

 

Source: http://newportcoastinteriordesign.com/
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Source: http://freshideen.com/
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Donnerstag, 5. Februar 2015

Schreibtischtäter

90 Prozent aller Menschen die glauben, zu Hause ein Büro zu benötigen, kämen mit einem Laptop, einer dekorativen Schachtel und einem Kugelschreiber aus. Mehr braucht man nicht, um ein paar Rechnung zu zahlen, die Steuererklärung auszufüllen und den Sticker mit der Versicherungsnummer auf den Krankenkassenbeleg zu kleben. Der Durchschnittshaushalt produziert heutzutage viel Altpapier, aber kaum aufbewahrungswürdige Dokumente; und diese zwei Ordner sollten in Schränken gelagert werden, damit sie möglichst unsichtbar bleiben. Leitz und Biella mögen führend sein in der Papieraufbewahrungsbranche, aber ihre Produkte sind dennoch weder stylish noch sexy.


Source: http://besthomedecorators.com

Keinesfalls ist es gerechtfertigt, sich ein ganzes Büro einzurichten, nur damit man zwei Mal im Jahr am Computer eine Sudoku lösen kann. Das ist reine Platzverschwendung. Räume, die ursprünglich als Büros definiert werden, haben die Tendenz schamlos als Abstellraum missbraucht zu werden. Da muss man am Ende den Schreibtisch unter der Bügelwäsche und den leeren Pizza-Schachteln suchen, wenn man mal einen Lineal aus der Schreibtischschublade braucht, nur um dann festzustellen, dass man gar keinen Lineal besitzt. Aber ein Zirkel wäre da gewesen. Unschuldig, nie gebraucht, jedoch allzeit bereit. Bezeichnende Attribute für die meisten Home-Offices.


Source: http://www.homeoofficee.com

Wenn man unbedingt ein Zimmer eigens als Arbeitszimmer einrichten muss, dann sollte es doch wenigstens inspirierend und aufregend sein. Allerdings scheint die Meinung vorzuherrschen, dass ein solcher Raum unbedingt radikal funktional, aber keinesfalls optisch ansprechend zu sein braucht. Das fängt beim Schreibtisch an, der zwar in jedes Grossraumbüro passen würde, aber im eigenen Zuhause als industriell anmutender Fremdkörper trotz integrierter Steckdosenleiste den Platz versperrt. Natürlich darf dann auch der Trolley mit den üblichen Schubladen nicht fehlen, in dem der Locher, der Tacker und die Kugelschreibersammlung Platz finden, von denen keiner funktioniert, wenn er gebraucht wird. Nicht fehlen dürfen auch die drei Briefkörbe, in denen sich wichtige Werbeschreiben, essentielle Gratiszeitungen und die entzückenden Glückwunschkarten der Patenkinder stapeln. Gesessen wird auf einem Pseudo-Chefsessel aus Kunstleder oder einem optisch Übelkeit erregenden Gesundheitsstuhl, der aussieht wie eine Raketenabschussrampe. Das Ganze wird von einer gewissenhaften Bürolampe erleuchtet, die den ganzen Raum in „romantisch“ gleissendes Licht taucht. Fräulein Meier, zum Diktat!


Source: http://www.houzz.com


Wer kein designiertes Schreibzimmer hat, weil die Wohnung kaum Platz für Mann, Kind und Katze bietet, der stellt sich einen ultrapraktischen Computertisch ins Wohnzimmer. Darauf findet alles Platz, was das Home-Office braucht: Der veraltete Riesencomputer, ein Köcher mit Kugelschreibern aus allen Hotels dieser Welt, darunter der seit längerem kaputte Drucker, daneben ein Stapel alter Zeitungen und ein Ordner mit Kochrezepten, dahinter ein verstaubter Kabelsalat. Auf der Tastatur liegt die gesammelte Post von zwei Jahren und oben drauf schläft das Büsi besonders gerne. Der Computertisch: Quadratisch, praktisch, gut und absolut für die Katz.


Source: http://userdeck.tumblr.com

Aber das muss doch alles nicht sein! Menschen mit Würde und Charakter sollten entweder eine klassische Bibliothek besitzen, in der ein anmutiger Schreibtisch und ein Chesterfield Sessel dem Raum die nötige Integrität verleihen oder sich auf einen Notebook in der Küchentischschublade beschränken. Alles was dazwischen liegt trägt das Prädikat: Hoffnungslos-optimistischer Heimwerker oder konfus-chaotische Hausfrau. Im Zweifelsfall gilt: Alles oder nichts. Mittelmässigkeit ist out, Opulenz in, Minimalismus auch, aber immer nur entweder oder.


Source: http://contentinacottage.blogspot.ch

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Source: http://www.homeincast.com

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