Mittwoch, 29. Februar 2012

Schaufenstergeschichten

Meister Lampe lässt leuchten. Die Suche nach dem Riesenkaninchen ist vorbei!
Es ist zu finden bei: Le Nôtre, Stockerstrasse 45, 8002 Zürich, www.le-notre.ch



Freitag, 24. Februar 2012

Bohemian Rhapsody


http://pixiesinging.blogspot.com
Shabby Chic ist Kult. Auch glamourös und unkonventionell. Klar, es bedeutet auf Deutsch schäbig, aber das sind Kinkerlitzchen. Shabby Chic ist eine Lebenshaltung, die von der Boheme geprägt ist. Sie bedarf einer gewissen Weitsichtigkeit, welche die Schranken der Bürgerlichkeit überwindet. Eine Gesinnung, die mit der Konvention bricht, dass, wer etwas gelten will, eine Einrichtung braucht, die möglichst teuer ist und auf Labels aufbaut. So gesehen beim Steuerbeamten, der sein Haus mit De Sede Sofas, dem alten Bauernschrank von Oma und Edelvitrinen von Möbel Pfister vollstopft. Aber auch beim Juristen. Dort ist der Diwan dann von Le Corbusier, die auf hochglanz polierte Kommode von Louis XV und das Sideboard von USM Haller. Beide, der Steuerbeamte und der Jurist, wissen mit absoluter Sicherheit, dass ihre Möbel zeitlos sind und dass sich Altertümlichkeiten gut mit Modernitäten mischen lassen. Das sind zwei der grössten Mythen der Einrichtungsgeschichte. Ein Mythos ist weder greifbar und noch umsetzbar. Die daraus resultierenden laienhaften, aber gut gemeinten Interieurs uninspiriert bis eintönig. Der Bohemian Style macht diesem gleichgeschalteten, helvetischen Irrglauben einen Strich durch die Rechnung. Und zwar einen Pinselstrich. 
 
Shabby Chic ist die grosse Freiheit, meine Damen und Herren. Dabei ist Harmonie das oberste Ziel. Exzentrik die Essenz. Facettenreichtum steht im Mittelpunkt. In diesem Stil findet alles einen Platz, das dem Auge schmeichelt, es kitzelt oder zum Staunen bringt. Es spielt keine Rolle, wo es her kommt, welche Marke drauf steht oder welche Summe dafür ausgegeben wurde. Es muss einfach den gewünschten Look abrunden. Möbel und Accessoires, die abgeliebt, abgeplatz und abgewetzt sind zum Beispiel. Aber auch brandneue,  auf alt gemachte oder die von Eames. Hier gibt es keine Grenzen. Keine Tabus. Keine Trödelpolizei.

 Man kann lustvoll Madonnen sammeln ohne religiös zu sein. Einfach nur weil ihre Darstellung bezaubernd und ganz und gar feminin ist. Man kann ausgestopfte Vögel auf Sideboards drapieren ohne der Jägergilde anzugehören, weil so ein Taucherli farblich vielleicht gerade ins Bild passt. Man kann Orden aufgrund ihrer glamourösen Aura in Mengen an die Wände hängen ohne ein Militarist sein zu müssen. Es reicht, dass man sich an diesen Dingen freut – allein wegen des Aussehens, der Textur, der Kuriosität oder dem Gefühl, dass sie transportieren. Fabelhaft, nicht wahr?

Es darf mit allem gearbeitet werden, was einem zusagt. Was nicht gefällt, wird gefallend gemacht. Dabei steht keinesfalls der Werterhalt im Vordergrund, sondern der Erhalt der Moral im ästhetischen Sinn. Grässlichkeiten (auch teure) werden zu Schönheiten. Und zwar mit Gewalt, wenn es sein muss. Tollkühn werden alte und neue Möbel umgestrichen, Lampenschirme ausgetauscht, Bilder-rahmen entgoldet oder Gemälde übermalt. Hirschgeweihe,  Suppenschüsseln, Puppenköpfe, Heiligenbilder, antike Abendtaschen werden zu fantastischen Deko-Objekten. Verschlissene Tapeten werden zum perfekten Hintergrund für eine goldbeschlagene, anmutige Antiquität. Es ist gerade die Unvollkommenheit mancher Einrichtungsgegenstände, die zur Vollkommenheit des Gesamtbildes beiträgt. Das Auge bewegt sich im Raum mühelos und findet immer wieder die Musse, inne zu halten, um ein Stück zu bewundern oder es zu belächeln. Der Stil des Shabby Chic ist unaufgeregt und doch aufregend, weil er weder prätentiös noch arrogant ist. Vor allem ist er voller Humor und köstlicher Lebenslust. Sowas sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen!


http://thomasapolis.com
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Freitag, 17. Februar 2012

Warum Sankt Valentin den Kopf verlor


Männer atmet auf! Ihr habt’s geschafft! Nach Weihnachtspflicht und Silvesterjubel habt ihr auch den unvermeidlichen Valentinstag hinter Euch gebracht. Ihr habt artig Blumen, Schokolade und Trompetengold verschenkt. Zum Dank haben sich Eure Damen in ihre Negligés gepresst, Kaviar aufgetischt und sich über die Rosen von Aldi gefreut. Bravo! Natürlich gab es auch dieses Jahr wieder die penetranten Verweigerer, die behaupten, dass sie selbst ohne Kommerzdiktat in der Lage sind, ihren Frauen Blumen nach Hause zu bringen. Ja genau. Alle fünf Jahre, wenn sie wieder Mal die Sekretärin verführt haben. Derweil sitzen die bedauernswerten Ladies dieser Spezies am Valentinstag mürrisch im Büro und versuchen sich selbst und ihre Umwelt erfolglos davon zu überzeugen, dass sie sich ganz und gar nichts aus überteuertem Grünzeug, Süssigkeiten oder Romantik per se machen, während ihre Kolleginnen schmachtend die Liebesbezeugungen ihrer Männer entgegen nehmen. Eins ist klar, diese Vernachlässigten werden noch wochenlang Kopfweh haben. Strafe muss sein. Und überhaupt: Wer ist eigentlich dieser verflixte Valentin?

Der Überlieferung nach war Valentin der Bischof der italienischen Stadt Termin, der sich einen Spass daraus machte, Soldaten zu verheiraten, die nach dem damaligen kaiserlichen Befehl unverheiratet hätten bleiben sollen. Dabei überreichte Bischof Valentin den frisch Verheirateten Blumen aus seinem Garten. Die Ehen, die von ihm geschlossen wurden, sollen ewig gehalten und viele Kinder hervorgebracht haben. Doch Kaiser Claudius II war nun mal kein Hippie und er wollte ums Verrecken Single-Soldaten, die War machten und nicht Love.  Er liess Valentin am 14.  Februar 269 aufgrund seines Ungehorsames und seines christlichen Glaubens enthaupten. So ging er als Märtyrer in die Geschichte ein und ist seither der Schutzpatron der Liebenden und der Floristen.  

Allerdings könnte durchaus auch ein fabelhafter heidnischer Brauch mit im Spiel gewesen sein, denn bereits in der Antike gedachte man am Vierzehnten Februar der Göttin Juno, der Hüterin der Geburt und der Ehe. Den Frauen wurden schon damals an diesem glorreichen Tag Blumen überreicht. Übrigens war Juno auch die Schirmherrin von Rom und ihr heiliges Tier war die Gans. Weshalb wohl klar sein dürfte, warum Damen beim Kaffeeklatsch noch heute schnattern.

Tippi Hedren PR Foto für "Die Vögel" von Alfred Hitchcock
Richtig Fahrt aufgenommen hat der Valentinskult allerdings erst im Mittelalter, als der englische Dichter Geoffrey Chaucer 1383 in seinem Gedicht „Parlament der Vögel“ beschrieb, wie sich das Geflügel am Valentinstag versammelt, damit jedes Huhn seinen Gockel fände.  Das Gedicht wurde an der Valentinsfeier am Hofe des Königs mit grossem Erfolg vorgetragen und seither turteln die Briten im Februar was da Zeug hält. Es ist eigentlich erstaunlich, dass die Liebe offenbar stets mit Vögeln einhergeht. Man verzeihe mir das übermütige Wortspiel.

Kommerziell wurde es dann ein paar Jahrhunderte später, als die Gattin des berühmtesten, englischen Tagebuchschreibers Samuel Pepys, Staatssekretär und Mitglied des Unterhauses, ihrem Mann 1667  einen Blumenstrauss zukommen liess, als Antwort auf einen seiner zahlreichen Liebesbriefe. Die Verbindung von Romantik und Blumengeschenken hielt unaufhaltsam Einzug in die vornehme englische Gesellschaft. Und weil es die oberen Zehntausend taten, so wollten natürlich auch die restlichen 99% nicht hinten anstehen. Diese Tatsache war es, die Sankt Valentin and the Blumenshops den ganz grossen Durchbruch brachte.

Die Briten haben die Tradition nach Amerika mitgenommen und die Amerikaner verbreiteten sie nach dem zweiten Weltkrieg auch im restlichen Europa. Sankt Valentin hat’s geschafft. Und zwar ganz ohne Facebook und Twitter. Er ist globalisiert, kommerzialisiert, nachhaltig und CO2 neutral. Er hat einen beispiellosen Brand und Love ist seine Message, seine Message ist Love. Gentlemen, Kameraden, Soldaten: Glaubt an die Liebe, huldigt ihr und macht Eure Frauen glücklich. Sie werden es Euch mit anhaltender Migränefreiheit danken.

Donnerstag, 9. Februar 2012

ExCentro - Das fabelhafte Reich jenseits der Mitte

"Das Glück besteht darin, zu leben wie alle Welt und doch zu sein wie kein anderer."
Simone de Beauvoir


Iris Apfel, 88 Jahre, Face of MAC Cosmetics 2012
Wäre es nicht fantastisch wenn wir ganz und gar uns selbst sein könnten? In jeder Situation und in jeder Lage? Täglich unbefangen und unbeschwert? Wenn wir aussprechen könnten, was wir wirklich denken und das anziehen, worin wir uns wohl fühlen? Wäre es nicht grossartig, wenn wir vorbehaltlos leben und leben lassen könnten? Ein Traum, nicht wahr? Und obwohl die meisten von uns sich die Erfüllung dieses Traumes wünschen, so haben sie doch nicht den Mut, ihn wahr werden zu lassen. 

Im Gegenteil. Unser ganzes Bestreben liegt darin, um jeden Preis so zu sein, wie die anderen. Einige von uns bezahlen einen hohen Preis dafür, dem Mainstream ihrer Kaste anzugehören. Designerkleider, Persönlichkeits-Trainings, Tennisstunden, Schönheits- operationen, Wirtschaftsstudium, Psychotherapie, Lamborghinis. Dabei scheint es so zu sein, dass der innere Groll gegenüber dem selbst auferlegten äusseren Zwang sich darin entlädt, all diejenigen auszusondern oder zu zermürben, die aus der Rolle fallen. Hämisches Lästern, mit Fingern zeigen und Schlechtmacherei sind die Waffen der Entmutigten, der Resignierten, der Gehemmten. Ich plädiere deshalb für mehr Courage und weniger Neid. 

La Lupa fotografiert von Barbara Graf Horka
Der schottischer Psychologe David Weeks hat mittels einer jahrelangen Studie herausgefunden, dass exzentrische Leute glücklicher sind, jünger aussehen und länger leben, weil sie keinen sozialen Stress erleben. Es spricht also nichts dagegen etwas mehr Egozentrik an den Tag zu legen. Schrullig sein ist gesund. Bei ganz wenigen ist der Nonkonformismus angeboren. Gepriesen seien sie!  Einige verplempern ihr Jugend damit, massenkompatibel sein zu wollen und kommen erst ab Mitte Dreissig auf den Geschmack der grossen Freiheit. Wobei sich bei fast allen die Freude an der Exaltiertheit nach der Midlife-Crisis wieder verflüchtigt. Traurigerweise zelebriert der grösste Teil der Menschheit die hart erarbeitet Mittelmässigkeit bis zum bitteren Ende.

Laut wissenschaftlicher Studie gibt es fünf Hauptmerkmale, die auf einen echten Exzentriker zutreffen: Unangepasstheit, Kreativität, Neugierde, Idealismus, Betreiben von durchschnittlich fünf bis sechs Hobbies. Ebenfalls hegen die wenigsten den Wunsch von der Gesellschaft Anerkennung oder Bestätigung zu erhalten, sind wenig interessiert an den Ansichten anderer, haben einen grossen Sinn für Humor und sind schlecht in der Rechtschreibung. Wie sieht es aus? Gehören Sie dazu? Wenn nicht, machen Sie jetzt den Anfang: Legen Sie sich ein Hobby zu! Briefmarkensammeln gilt nicht! Schmetterlinge fangen und aufspiessen schon eher.

Die Verrückten und Skurrilen dieser Welt machen unser Leben bunter, auch wenn sie viel zu selten unsere Wege kreuzen. Verschrobenheit mag anstrengend sein, ist aber gleichzeitig verlockend. Und deswegen ist gemässigt exzentrisch zu sein, durchaus erstrebenswert und absolut gesellschaftsfähig. Probieren Sie es aus! Aber seien sie vorsichtig: Exzentrik definiert sich nicht über Geschmacklosigkeit und Impertinenz sondern über Kreativität und Idealismus. Es ist ähnlich wie beim alten Adel und den Neureichen: Die wahrhaft  Irren kommen überall hin, die Parvenüs landen im Dschungelcamp.  

Donnerstag, 2. Februar 2012

World Economic Forum - Do you speak Bunga Bunga?

Die grosse VIP-iade in Davos hat ein Ende gefunden. Einmal mehr haben wichtige Leute, weit ab von der brutalen Realität und abgeschirmt vom gemeinen Pöbel, sich selbst und ihre Komplizen mit Lob, Kritik und Moralismus eingedeckt. Ein bisschen Kunst hat man ihnen kredenzt, damit die Kapitalistenseele nicht gänzlich verkümmert. Ein wenig Wissenschaft: Überraschende Insights von Hirnforschern werden in Zunkunft zu verhindern wissen, dass die Manager-Gehirne vor lauter Bonuszahlen explodieren. Eine Prise Afrika, ein Schuss Sustainability und drei Kaffeelöffel experimenteller Film machten aus der Schwabschen Brühe eine Netwoking-Suppe der Superlative. Fazit: Die Lage ist ernst, hoffnungslos und Social Media getrieben, aber alles ist gut, solange die WEF-Brüder (und ihre Quoten-Schwestern) noch mit den Privatjets in Dübendorf landen können.



Marie Antoinette von Sofia Coppola
Nun ist die Elite also wieder daheim. In ihren Häusern, Villen und Palästen. Sie sitzen abends auf ihren Sofas, Chaise Lounges, Eames Chairs. Essen von Nymphenburger Prozellan Tellern, trinken aus Kristallgläsern und schauen sich dann selbst im Fernsehen an. Mal ganz abgesehen von der galoppierenden Ignoranz gegenüber der Wirklichkeit, welche die Créme de la Créme zuweilen an den Tag zu legen pflegt, würde ich gerne mal wissen, wie diese wahnsinnig wichtigen Personen hausen. Oder wird gar residiert? Haben sie tatsächlich Geschmack oder reicht ihnen ein grosses Preisschild zur Legitimation ihrer häuslichen Hipp-igkeit?


Prinzessin Angela

Bei Angela Merkel wird, obwohl sie in einer Mietwohnung im 4. Stock wohnt, eine bodenständige Einrichtung vorherrschen. Hipp sein will sie nicht. Sie will effizient sein, sparsam und glaubwürdig. Es gibt Sofas mit strapazierfähiger Polsterbespannung, Einbauschränke und DDR-Nostalgielampen mit Stromsparglühbirnen. Einzig beim Schlafzimmer hat sich Frau Merkel einen Kindheitstraum erfüllt: Sie ruht in einem verschnörkelten Himmelbett drapiert mit weissen Vorhängen. Eigentlich wollte sie rosa, aber ihr Mann meinte, dass wäre ihm dann doch zu albern und ganz und gar nicht staatsfrauisch. Weiss eigentlich jemand wie der heisst? Egal. Jedenfalls schläft er jetzt im eigenen Bett in Trabi-Form.


Sarkozy und Bruni im Elysee Palast
Ganz anders sieht die Sache bei Monsieur Sarkozy aus. Immerhin residiert er standesgemäss in einem Palast, den er zweifelsfrei bis unter die Stuckdecken mit vergoldeten, lackierten und polierten Antiquitäten angefüllt hat. Nicht fehlen dürften bei ihm auch die teuersten, neusten technischen Applikationen und Gadgets. Remote Control wendet er auf alles an, was fernbedienbar ist: Die Vorhänge, die B&O Anlage, die Sockenschublade, Angela Merkel. Den Schuhschrank teilt er sich mit seiner Carla, wobei ihre Ballerinas oben sind und seine High Heels unten, damit er ohne Tabourettli dran kommt. C’est magnifique!

Man erlaube mir zum Schluss ein paar Worte zu Silvio Berlusconis Altersresidenz: Was er hat, davon träumen Dutzende seiner Kollegen, Kontrahenten und Kollaborateure gleichermassen. Silvio verbringt seinen Lebensabend in einem italienischen, auf  Versace gestylten Playboy Mansion, wo er sich mit willigen Dienstmädchen und sündhaften Haushälterinnen umgibt. Er spritzt sich täglich eine Portion Botox, hat eine Viagra-Fabrik gekauft, lässt sich die Haare von Cicciolina färben und  begrüsst jeden weiblichen Besucher mit der Frage: Do you speak Bunga Bunga?

Anführer, Meinungsmacher und Hoffnungsträger! Habt Mut! Tut etwas Revolutionäres. Etwas, das euch Angst macht bis in die Knochen: Sucht euch für das nächste WEF eine Davoser Gastfamilie mit durchschnittlichem Haushaltsgeld und seht, riecht, schmeckt, erlebt und lernt wie das richtige Leben so spielt. 

Cardow, The Ottawa Citizen / Bild: www.cagle.com