Freitag, 27. Juli 2012

Bildschön


Wenn es um Bilder im eigenen Zuhause geht, dann kann doch eigentlich nur das Beste gut genug sein. Originale müssen an die Wand! Gerahmte Ausstellungsplakate von Monets Seerosen oder, schlimmer noch, von Knies Tigern locken nun wirklich niemanden hinter dem Schweden Ofen hervor. Obwohl Leute, die sich diese Do-it-yourself-Heim-Krematorien ins Wohnzimmer stellen, ganz gerne mal zu obenstehender Kunstauswahl greifen. Aber darüber sprechen wir das nächste Mal.

Source: http://www.bellemaison23.com/
Um sich echte Gemälde in die gute Stube zu hängen, braucht es übrigens keinen Tripple B (Big Banker Bonus). Es reichen gut und gerne mal ein paar Fränkli, wenn man weiss, wie man sie vernünftig investiert. Gut, man kann schon seine Altersvorsorge in einen echten Francis Bacon investieren, um seine Freunde damit zu beindrucken – also die Freunde mit dem BBB, die mit einem einzigen Jahres-BBB ein soziales Alterswohnheim dreissig Jahre lang unterhalten könnten - aber man muss nicht. Echte Kunstwerke gibt es zu Schnäppchenpreisen in jedem Brockenhaus oder auf dem Flohmarkt. 

Foto und Design by Landhaus Diva
Hätten Sie nicht gedacht, nicht wahr? In Brockenhäusern liegen Gemälde von unbekannten Künstlern herum, die keiner haben will, aber in die wahrscheinlich einst viel Energie und Herzblut gesteckt wurde.  Sie sind so preisgünstig, weil ihr Potential in jeder Hinsicht unterschätzt wird. Das Geheimnis liegt in der Menge. Sucht man sich 8-10 Bilder mit ähnlichen Motiven und Farben aus, dann entsteht ein harmonisches Ganzes, wenn diese Originale nahe beisammen an die Wand gehängt werden. 

Foto und Design by Landhaus Diva
Wenn man ein bisschen mutiger ist, dann funktioniert es selbstverständlich auch mit ganz unterschiedlichen Bildern. Hier würde man sich typischerweise eher an ein Farbmuster halten, das mit dem restlichen Raum übereinstimmt oder - noch mutiger - mit Kontrastfarben arbeiten, die als Blickpunkt fungieren. Dabei darf man ruhig fröhlich alles zusammen mischen: Bilder mit und ohne Rahmen, Zeichnungen, Ölbilder, aufgespiesste Schmetterlinge, Fotos oder geschnitzte Engel. Ebenfalls erlaubt ist es, an diesen unbekannten Bildern noch herumzudoktern bis sie ins Gesamtbild passen. Den Hintergrund neu einfärben, störende Kühe auf einer Weide übermalen oder bei einem Portrait die Haare mit einem Turban ersetzen. Alles ist erlaubt und macht einen Riesenspass. Ich nenne das „Pimp my Art“ und ich tue es ohne Tabus und mit vehementer Leidenschaft. 

Foto und Design by Landhaus Diva
Ebenfalls sehr zu empfehlen sind Portraits. Sie erinnern an Ahnengalerien in englischen Herrschaftshäusern und machen sich sehr gut im Flur, wo sie die Aufmerksamkeit jedes Gastes sofort auf sich ziehen. Auf Internet-Plattformen wie Ricardo oder Ebay findet man sehr schöne Stücke zu guten Preisen. Die Gemälde von Queen Victoria ähnlichen Damen sind gemeinhin etwas teurer als die perspektivisch nicht ganz perfekten Bauerntöchter, aber ich versichere Ihnen, dass Ihre BBB-Freunde noch nicht mal im Flutlicht den Unterschied zwischen einem Albert Anker und einem Heiri Hugentobler oder zwischen Franz Xaver Winterhalter und Horst Dieter Schmitt erkennen würden. Sollten Ihnen die Bilder zu düster vorkommen, dann malen Sie einfach den Hintergrund farbig (nur eine Farbe pro Bildhintergrund – besten Dank) und schon haben Sie einen Eingangsbereich, auf den Andy Warhol stolz gewesen wäre. 

Man merke: Die Schönheit eines Bildes hat mit dem Preis ganz und gar nichts zu tun. Sie ist allein eine Frage des Stils, der Menge und des Mutes.

Pimp my Art VORHER
Pimp my Art NACHHER

Freitag, 20. Juli 2012

Die orange Revolution


Als vehemente Verfechterin von Interieurs, die primär der Farbe Weiss huldigen, klassifizierte ich Orange bisher mehr als Irritation und weniger als Inspiration. Einfach, weil ich es als tausendfach missbrauchte Mainstream-Farbe erachte. Orange ist etwas, das sich der durchschnittliche Helvetier gerne in die Wohnung stellt, hängt oder hinmalt. Immer wenn ich jemanden sagen höre „Ich brauche einfach mal ein bisschen Farbe in der Wohnung.“, dann weiss ich, dass diese Farbe Orange sein wird. Wenn man es sich an die Wände malt, wird gerne von Terracotta gesprochen, was aber nichts hilft, denn es ist immer noch Hausfrauenorange mit braunem Unterton. 

Source: http://www.kitcheninteriordesign.org/color-of-the-year-turquoise

Nun ist an der Farbe eigentlich nichts auszusetzen, ausser dass die Schweiz damit übersättigt ist und Migros und Coop das ihre dazu tun, damit das auch so bleibt, aber muss sie denn unbedingt in jeder Stube mehrfach in allen Schattierungen vorkommen? Revolutionär ist das nicht. Da müssten schon gröbere Geschütze aufgefahren werden. Wie schön wäre es, wenn der Schweizer in Fällen von akutem Farbdefizit sich zur Abwechslung mal tollkühn auf Pink, Türkis oder Violett stürzen würde. Freude würde herrschen, um unseren Altbundesrat Ogi zu zitieren, der übrigens Tannen in Grün bevorzugt (Neujahrsansprache Min: 4.15 / http://www.youtube.com/watch?v=VK83RMowA7s).

Source: http://www.hgtvremodels.com/interiors/

Da auch in meinen Interior-Projekten Orange immer wieder ein Thema ist, dem ich meist erfolglos auszuweichen versuche, habe ich mich inzwischen mit dieser Farbe versöhnt. Wir haben uns angefreundet, denn sie ist besser als ihr oben beschriebener Ruf, wenn man sie in kleinen, massvollen Dosen anwendet. Wer allerdings die ganze Wohnung auf Orange trimmt, weil Psychologen dieser Farbe mehrheitlich warme, gesundheitsfördernde Eigenschaften attestieren, wird am Ende vor lauter gute Laune durchdrehen. Ganzheitliche Orange-erie kann zu Durchfall, Erbrechen und Besinnungslosigkeit führen. Das steht auch in der Packungsbeilage.  

Source: http://thesweetestdigs.com/2010/10/05

Orange kommt am besten zur Geltung, wenn es spärlich aber lustvoll angewendet wird. Nur dann kann es seine positiven Attribute entfalten. In Verbindung mit Pink wird es zur orientalischen Verheissung. Zusammen mit Türkis erlangt es mediterranes Flair. Beim Duett mit Grau erklingt urbaner Sound. Als Partner von Weiss entzündet es die Unschuld. Ich bin ein Fan geworden, weil Orange eine Farbe ist, die Humor hat. Sie schmunzelt hier ein bisschen und lächelt dort ein wenig, aber sie erzählt nicht in jeder Ecke Gassenhauer. Die Revolution ist orange. Und zwar  in kleinen Portionen. C’est magnifique!

Source: http://drivenbydecor.blogspot.ch/2012/06