Mittwoch, 5. Dezember 2012

Vom Tun und vom Lassen in der Weihnachtszeit



Auf die Plätze, fertig, los! Die Hatz auf die Weihnachtsgeschenke ist eröffnet. Alle stehen bereit: Die Schenker sowieso, aber die Verweigerer ganz besonders. 

Source: http://habituallychic.blogspot.ch/

Denen, die anderen etwas schenken wollen, dreht sich der Kopf, weil sie noch keine Ahnung haben, wer was bekommen soll. Sie fangen an Listen zu schreiben und gehen einmal die Woche in ein Kaufhaus, damit sie inspiriert bleiben. Sie leben Wochenlang mit der Gewissheit, dass im nächsten Laden das perfekte Geschenk für die Oma, den Ehemann, die beste Freundin um die Ecke schielt. Oder im 100sten Katalog, der im Briefkasten liegt, denn Schenker sind Optimisten. Sie glauben felsenfest an ihre Mission. Sie suchen das ideale Präsent. Sie halten ganz oft etwas Passendes in der Hand nur um es dann wieder zurück zu stellen, weil es vielleicht doch noch etwas Besseres gibt. Tage später, nach erfolglosem Stöbern, erinnern sie sich wieder daran zurück, laufen in den Laden und werden enttäuscht, weil es bereits ausverkauft ist. Aber es ist keine Zeit zum Wunden lecken. Man muss vorwärts schauen. Der weihnächtliche Ladenschluss rückt unaufhaltsam näher.

Source: http://homyfresh.com

Die Hoffnung stirbt kurz vor Weihnachten. Dann nämlich, wenn genau noch ein Geschenk fehlt: Oft das der Schwiegermutter. Dieses besorgt man in der Not im letzten Moment, zwischen dem Einkauf des Truthahns und dem Schmücken des Weihnachtsbaumes. Meistens ist es eine Schachtel Pralinen. Immerhin ist es eine teure. Wenn die Phantasie schlapp gemacht hat, kann man sich eben nur noch mit monetärer Grosszügigkeit und exklusiven Marken aus der Bredouille ziehen. Die überteuerte Milchschokolade wird dann übergeben mit der Bemerkung: „Wir haben lange überlegt was wir dir schenken sollen, aber du hast ja schon alles und deshalb dachten wir, dass dir diese Special Edition Pralinen schmecken würden. Das sind die Besten. Vom Sprüngli, gell Mama! „

Source: http://www.free-home-decorating-ideas.com

Und dann sind da noch die Verweigerer: Aus welchen Gründen auch immer diese Leute beschlossen haben, niemandem etwas zu schenken, ist keinem so richtig klar, denn die Erfahrung zeigt, dass es sich bei dieser Spezies ganz oft um alleinstehende, finanziell unabhängige, gesunde Persönlichkeiten handelt. Auch sie schreiben Listen. Listen mit guten Ausreden. Der Vorweihnachtsstress trifft sie viel härter, als die Schenker, weil sie ständig gefragt, werden, ob sie schon alle Geschenke beisammen haben und sie dann mühsam ihre No-Geschenk-Policy plausibel begründen müssen. Da kommt dann die Liste ins Spiel(verderben): Geschäftemacherei; Konsumwut unterstützt man nicht; die Amerikaner haben es erfunden; drohende Diabetes; ich lasse mir nicht diktieren, wann ich etwas zu schenken habe; ich bin Atheist; Reizüberflutung; Geschenkpapierphobie; in Afrika leiden die Kinder Hunger usw. Verweigerer sind Menschen, die anderen Leuten den Zauber der Weihnachtszeit mit intellektuell anmutender Tiefgründigkeit und moralistischem Gesülze vergällen wollen, obwohl sie sich selbst täglich die von der Bürokollegin mitgebrachten Zimtsterne dutzendweise in den Rachen stopfen. 

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Diese Art von subversivem Verhalten müsste in einer gerechten Welt eigentlich die Disqualifikation von der familiären Weihnachtsfeier nach sich ziehen inklusive Rückgabe der erhaltenen Geschenke der vergangenen Jahre. Doch wenn der grosse Tag kommt, sitzen wieder alle zusammen unterm Weihnachtsbaum. Die Verweigerer schlagen sich den Bauch voll und freuen sich über die Geschenke, die sie von den Schenkern erhalten und die Schenker regen sich über das alles umspannende Nichts der Verweigerer auf. In der Küche sagt die genervte Frau zu ihrem ahnungslosen Mann: „Deinen Bruder, mein Schatz, laden wir das nächste Jahr nicht mehr ein. Wer das Prädikat geizig, faul und phantasielos erfüllt, hat in meiner Weihnachts-Idylle nichts verloren!“

Source: http://www.completely-coastal.com

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