Was sich auf Tischen so tummelt zum Weihnachtsschmaus,
das geht mitunter ganz schön an die Grenzen des allgemeinen Stilempfindens
sowie ans Limit der feuerpolizeilichen Toleranz. Was angezündet werden kann,
das wird entflammt und was nicht brennen soll, das fängt vor lauter Hallelujah
trotzdem Feuer. So etwas kann eine bereits im Streit erkaltetet
Familienfeier ganz schön aufheizen. Wenn alle gemeinsam löschen müssen, hat das
eine völkerverbindende Wirkung und die Kalorien verbrennen zusammen mit dem Tischtuch.
Und wenn am Ende alle - russgeschwärzt aber unversehrt - unter dem
Christbaum liegen, haben sich alle wieder lieb. Aber wer hat eigentlich die
Papierserviette auf den Kerzenengel geworfen?
Es gibt drei Sorten Tischdekorationen zu Weihnachten.
Sie sind entweder geprägt von rauschender Opulenz, dezentem Understatement oder
bizarrer Kargheit. Mit Üppigkeit liegt man nie falsch. Das passt immer und
ewig. Das wussten schon die Katholiken und die haben Weihnachten schliesslich
erfunden. Ein Tisch gedeckt mit Damast und Stoffservietten, angereichert mit
Baumkugeln, Hirschen, Föhrenzweigen, Amarilisblüten und farbigen Gläsern stellt
eine Pracht dar, die eines Christkinds würdig ist. Dazu gehören kontrolliert brennende
Kerzen und feierliche Weihnachtslieder im Hintergrund. Zum Festmahl gibt es
Entenleber, Kaviar, Filet Wellington und Champagner bis die Kugeln platzen. Von
Rauschgoldengeln in allen Grössen und sonstigen infantilen Niedlichkeiten
sollte übrigens stets abgesehen werden. Sie katapultieren den stilvollen Prunk
mit einem einzigen Plastikflügelschlag ins bünzlige Offside. Putten gehören in
die Kirche, Puten in den Kochtopf.
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Die sanften Tiefstapler behelfen sich zu Weinachten
gerne mit naturnahen Elementen, die an den Tannenwald erinnern. Es gibt
Föhrenzapfen auf Moosbetten und Nüsse in Weidenkörbchen. Die Servietten sind
aus antikem Leinen, die Kerzen aus Bienenwachs, der Tisch aus gewachstem
Buchenholz. Das Geschirr ist mit Hirschmotiven bemalt und das Besteck hat
Griffe aus Horn. Ein Hauch Glimmer und ein Touch stiller Exklusivität liegt
über der intellektuell anmutenden Weihnachtstafel. Zum Essen wird biologischer
Slow Food und pestizidfreier Sekt serviert, während sich die Waldschaben aus
dem Moos befreien und sich unauffällig unter die Hirsche mischen. Das
besinnliche Diner wird zur lustigen Weihnachtsjagt, sobald die ersten Fühler im
Nüsslisalat entdeckt werden. Langsames Essen ist eben auch nicht alles, denn
wer die Schabe kriegen will, muss schnell sein.
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Die letzte Kategorie der Weihnachtstische ist die der
Faulen. Sie wollen eigentlich gar nicht feiern. Auf keinen Fall wollen sie sich
zusätzliche Arbeit mit einer Tischdeko aufhalsen, denn das ist sowieso alles
Tand und es geht an diesem Tag ja hauptsächlich um das Zusammensein. Warum
sollte man sich also die Mühe machen, seine Gäste unnötig zu verwöhnen. Der
Höhepunkt dieser kargen Weihnachtsfeier sind die dünnen, roten Papierservietten
der Marke Prix Garantie. Dazu gibt es das Alltagsgeschirr von Oma, drei
Weingläser und ein Wasserglas für vier Personen. In der Mitte des Tisches reihen
sich drei Rechaud-Kerzen aneinander, die aber nicht angezündet werden, und zum
Essen gibt es ein Schinkli mit Kartoffelsalat – beides fix fertig aus dem
Supermarkt. Zur Feier des Tages wird eine Flasche Wein geöffnet, die man vor
einem halben Jahrhundert mal geschenkt bekommen hat. Zum Dessert gibt es die
Weihnachtsguetzli von der Nachbarin. Was will man mehr? Hauptsache, die
Gespräche sind erhellend, wenn die Kerzen schon nicht brennen.
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