Donnerstag, 29. März 2012

Das Plunder-Wunder

Das meiste, was auf Flohmärkten und in Brockenhäusern feil geboten wird, kann kein Mensch brauchen. Das ist wahrscheinlich einer der Gründe, warum es dort herumsteht. Davon darf man sich aber nicht abschrecken lassen. Um aus dem Ramsch die Schätze zu filtern, braucht man ein geübtes Auge. Dann entgeht einem auch nicht die vollendete Form eines alten Stuhls, der Charme eines blinden Spiegels oder die Wandelbarkeit einer morschen Truhe. Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters und Phantasie hilft. Oft kann etwas Schönes unter Schichten von Staub und Schmutz bloss erahnt werden. Der Schlüssel zum Plunder-Wunder ist, dass man sich vorstellen kann, wie das Objekt der Begierde aussehen könnte, nachdem man es aus seinem Dornröschenschlaf aufgeweckt hat. Ausserdem braucht es eine sichere Hand, unter all dem nutzlosen Zeug, das Stück hervorzuziehen, welches nach einer gründlichen Reinigung und einem Anstrich Farbe zum Schmuckstück mutiert. 
Ausbeute eines Brocki-Trips im Januar 2012

Drei Regeln kann ich Trödeljungfrauen mit auf den Weg geben: 

Regel Nummer 1: Kaufen Sie nichts, das Sie nicht selbst reinigen oder reparieren können. 

Regel Nummer 2: Über den Preis kann meist verhandelt werden, aber bleiben Sie realistisch und fair. 

Regel Nummer 3: Lassen Sie die Finger von Häckeldeckchen, geschnitzten Holz-Eulen und anderen Geschmack-losigkeiten – ausser Sie sind sicher, dass Sie diese Dinge drastisch verändern und zum Kultobjekt umstylen können.

Konzentrieren Sie sich vorwiegend darauf: Stühle, Sessel, Kleinmöbel, Spiegel, Bilderrahmen, Glas, Porzellan, Silber, Schmuck und Kunstobjekte (Büsten, Statuen, Bilder).  All diese Dinge lassen sich hervorragend reinigen, können neu bezogen oder gestrichen werden. Nutzen Sie Ihr Vorstellungsvermögen. Vieles sieht zum Beispiel weiss gestrichen umwerfend aus, wenn die Form des Objektes stimmt. 

Der Globus hat bereits einen guten Platz gefunden. In guter Gesellschaft.        
Wenn Sie noch Anfängerin sind, gehen Sie am besten ohne Begleitung los. Anhang ohne Sinn für das Aussergewöhnliche ist schlecht fürs Selbstbewusstsein, denn er wird Ihre Wahl beständig anzweifeln und fragen, wo denn dieses Objekt hin oder was damit gemacht werden soll. Das nervt. Warten Sie mit Begleitung, bis Sie etwas mehr Erfahrungen gesammelt haben. Fortgeschrittene können Ihre Auswahl rechtfertigen und lassen keine Zweifel aufkommen. Profis können nicht nur Ihren Entschluss selbstsicher vertreten, sondern gleichzeitig begründen und plausibel erklären: Ich habe keine Ahnung, wozu das gut ist oder wie es mal aussehen wird, aber mein Bauch sagt, dass es mitkommt und dass es irgend- wann perfekt sein wird.

Sie benötigen circa 50 Ramsch-Schnüffel-Stunden und 10 Vorher-Nachher-Schmuckstücke, um zur Meister-prüfung zugelassen zu werden. Fangen Sie also schon mal an. 

Hier sind ein paar gute Adressen:

Brocki-Land, Steinstrasse 68, 8003 Zürich
Arche Brockenhaus, Hohlstrasse 489. 8048 Zürich
Zürcher Brockenhaus, Neugasse 11, 8005 Zürich
Brockito, Robert Maillart Strasse 14, 8050 Zürich
Brocki-Land Fahrweid, Überlandstrasse, 8951 Fahrweid (bei Schlieren)
Brockenstube Au, Seestrasse 319, 8804 Au (ZH)
Flohmarkt, Bürkliplatz, Zürich, Mai-Oktober, jeden Samstag 16.30-15.30
Flohmarkt, Kanzleistrasse 56, 8004 Zürich, jeden Samstag 08.00-16.00

Man muss auch mal was wagen, um aus guter Kunst, fabelhafte Kunst zu machen!
Und so sah das Bild vorher aus.


Freitag, 23. März 2012

Best of British

National Portrait Gallery London
Ausstellung 60 Portraits der Queen
www.npg.org.uk
Seit 60 Jahre sitzt sie schon. Die Queen. Auf ihrem Thron. Ein beachtlicher Erfolg. Mit über Achtzig Lenzen auf dem Buckel, weissen Handschuhen und einem Mann an ihrer Seite, der Political Correctness für eine Pferde-Krankheit hält, eröffnet Elizabeth Jahr für Jahr mit einer echten Krone auf dem Kopf das Parlament. Ohne zu stolpern. Ohne mit der Wimper zu zucken und ohne dass sie je bei Bruce Darnell oder Heidi Klum Lauftraining bekommen hätte. Ihr Hand-e-tasche lebt wirklich!

Viel musste sie schon durchmachen: Neurotische Schwiegertöchter, randalierende Enkel und brennende Schlösser. Dabei immer lächeln, winken und Hände schütteln. Ihr Style ist seit der Thronbesteigung gleichbleibend elegant: Doppelte Perlenkette, keckes Hütchen, vernünftige Schuhe. Sie ist ihre eigene Stilikone und ihr Brand ist weltweit einzigartig. All die Königinnen, Fürstinnen und Gräfinnen können einpacken, wenn die Queen kommt, denn es kann nur eine geben!

Laura Ashley 1925 - 1985
Ausser der Queen hat England noch allerlei anderes an Stil zu bieten. Mal ganz abgesehen von den Liebegeschichten von Rosamunde Pilcher, die stets auf beneidenswert fantastische Landgütern spielen, dem omni-präsenten Guerilla-Koch Jamie Oliver sowie den von jedem Mann vergötterten Monty Python Spielfilmen, haben die Briten auch in Sachen Inneneinrichtung die Nase deutlich vorne. Laura Ashley hat übrigens ganz im Gegensatz zu Betty Bossi tatsächlich gelebt. Sie wurde mit der Herstellung von Kleidern berühmt. Heute verkauft das Unternehmen nebst Blümchenröcken auch Möbel, Accessoires und Wandfarben, die jeden Schuppen zur Villa machen. 

Interiors bySir Terence Conran
www.mydeco.com
Ausserdem haben es Interior Designer wie Sir Terence Conran, Kelly Hoppen und Tricia Guild seit langem in den Olymp der Besten geschafft. Sie haben das Flair mit Mut zur Farbe, ungewöhnlichen Accessoires und schwarzem Humor Innenräume zu gestalten, die hipp, verspielt und elegant sind. 

Interiors by Tricia Guildwww.livingwithankan.blogspot.com
Wenn Sie das nächste Mal in London sind, sollten Sie während der Abenddämmerung durch die Gassen rund um den Sloan Square schlendern und unbedingt in all die beleuchteten Fenster schauen. Dort sieht man nicht nur den Briten, wie er leibt und lebt, sondern auch wie er sich einrichtet. Überraschende Einblicke auf die eine oder andere Weise dürften garantiert sein. Beim Buckingham Palast sollten Sie sich allerdings nicht zu weit über die Brüstung lehnen. Die Corgis der Queen mögen keine Touristen.
 
Queen Elizabeth in jungen Jahren mit ihren Corgis

Dienstag, 20. März 2012

Eco Deco

Es braucht nicht viel, um die schon bald bevorstehenden Feiertag in sein Zuhause zu holen. Was es braucht, hat man meist schon daheim, den Rest besorgt man sich schnell kostengüsntig beim Samstagseinkauf. Zum Beispiel bei Coop.






Hier wurde ein bereits bestehendes Stilleben auf Ostern getrimmt mit kleinen und grossen naturfarbigen sowie goldenen schokoladigen Eiern. Die Holzhände wurden auf Flohmärkten erstanden, die Vase ist vom Blumengeschäft und die Zweige aus dem Wald.


 
 



Es gab in der Packung so viele Eier, dass auch das Entrée ein österliches Flair erhielt. Die herunter hängende Eier werden von einer Brosche von Accessorize zusammen gehalten. Das Madonnenbild stammt aus dem Brockenhaus, die Etagere ist von Interio.

Ostereier von Coop:

Beutel mit16 Natureier (Styropor) in beige, weiss und lindengrün: CHF 14.90
Beutel mit ca. 30 Michschokoladeneiern: CHF 9.50

www.coop.ch
http://games.coop.ch/subsplashpages/easterrun/default.aspx?lang=de

Donnerstag, 15. März 2012

Oberflächlichkeiten


Es gibt Momente im Leben, in denen der Mensch gravierende Entscheidungen treffen muss. Nämlich zwischen Ästhetik und Funktionalität. Bei einer Nasenoperation dürfte letzteres den Vorrang haben. Im trauten Heim dagegen müsste es möglich sein,  sich ohne Ausnahme für ersteres zu begeistern. Was will ich damit sagen? Nun, es ist mir ein Anliegen, die ästhetische Moral hochzuhalten im Angesicht des helvetischen Nützlichkeits-Wahns. Es gibt scheussliche Fauxpas in Sachen Einrichtung, die man leider immer wieder antrifft. Und zwar verblüffenderweise oft bei Leuten, die  bei ihrer Nase der Schönheit Vorrang geben würden, um fortan mit eingeschränkter Funktionalität zu schnüffeln.

Schuhe gehören hinter den Vorhang oder in den Schuh-Ottomanen
paloma81.blogspot.com/2011/11/beautifully-organized-ideas-for-shoe.html
  

Bei solchen Leuten steht dann im Flur ein offenes Schuhregal oder – noch schlimmer – die Schuhe stehen aufgereiht an der Wand entlang. Und ich spreche nicht von zierlichen Damenpumps in Pastelltönen, sondern von Frauen-, Männer- und Kinderlatschen, Flipflops, Turnschuhen, Wanderschuhen, Stiefeln.  In jeglichen Farben, in jedem Zustand- von abgewetzt bis zerfleddert. Alles durcheinander. Vom Geruch, den diese obszöne Anhäufung von Tretmaterial von sich gibt, ganz zu schweigen. Äusserst verwerflich wird es, wenn dieses Schuhzeug bereits vor der Haustür anzutreffen ist.  Schuhe gehören nur an Füssen in die Öffentlichkeit. Also weg damit. Sowas muss in Schränken, hinter Vorhängen oder in Truhen versteckt werden.

Als Stillleben ist sogar mehr als eine Gieskanne erlaubt!
eachlittleworld.typepad.com/each_little_world/watering-cans
Auch sehr abstrakt sind Altpapier-Sammlungen neben dem Sofa und Spritzkannen neben der Zimmerpflanze. Natürlich ist das praktisch, aber es degradiert das Sitzmöbel zur Abfallsammelstelle und den Gummibaum zur Regentonne. Bei der Pflanze ist dieser Aufbewahrungsort besonders brutal, wenn das Wasser nebenan gar nie in den Topf findet. Diese Folter endet damit, dass neben der vor sich her gammelnden Giesskanne zu allem Übel bald auch noch eine serbelnde Pflanze steht. Hierzu sei gesagt, dass Grünzeug, welches das Ablaufdatum überschritten hat – also bereits tot ist oder nur noch die Hälfte der Blätter aufweist – weggeworfen werden und nicht auf dem Fenstersims auf Wiederbelebung durch den heiligen Geist warten soll. Das sieht einfach unglaublich hässlich aus. Es ist doch gar nicht so schwierig: Abfall und Werkzeuge sollen immer unsichtbar sein. Genau wie die Schuhe.

Fantastisch! Zeitrschriften in alter Urne.
mylovelylife-blog.blogspot.com/2010/08/peaceful-easy-livin.html
Noch ein Wort zu Zeitschriften: Wenn sie aufbewahrt werden müssen, dann bitte in attraktiven Behältern. Es gibt genug Ordnungshüter, die durchaus sehenswert sind. Körbe, zum Beispiel, sind toll. Auch glasierte Übertöpfe, die eigentlich für Pflanzen gedacht sind. Oder alte Weinkisten. Dann suchen Sie sich  das schönste Heft aus, welches dann oben liegen muss. Wohnmagazine haben meist dekorative Covers. Bei People Heften oder Modezeitschriften könnte es eher grell werden. Computer- und Fernseh-Zeitschriften gehören in die Kategorie Werkzeuge und haben auf einsehbaren Oberflächen nichts zu suchen.

Es gilt gemeinhin der Grundsatz, dass sämtliche Oberflächen als Basis für ein fröhliches Stillleben dienen und nicht als Ablage für Gerümpel. Auf diesen Flächen verwendet man dann nur Objekte, die dem Auge schmeicheln. Frische Blumen in schönen Vasen, Bücher, Büsten, Bilder, Muscheln, Statuen. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Von Alltags-Zubehör sollte der Laie allerdings die Finger lassen. Fortgeschrittene können schon mal eine Sammlung alter Silberlöffel in antike Gläser stellen, die in der Küche gut aussehen. Die Profis inszenieren mit ausgestopften Enten, hübschen Eierbechern und farbigen Strumpfkugeln einen Ostertisch. Dafür braucht es allerdings ein bisschen Übung, sonst wird aus einem schelmischen Deko-Konzept ganz schnell ein Psycho-Arrangement à la Norman Bates.

Oberflächentauglich!
Michele Lalande, Decorative Details
http://parishotelboutique.blogspot.com/2008/08/new-french-decor.html
Wenn Sie also in Zukunft wieder einmal an eine Weggabelung kommen, an der Sie entscheiden müssen, ob Sie lieber einen Schwedenofen oder schwedische Gardinen im Wohnzimmer wollen, dann seien Sie schlau, holen Sie sich bei Ikea die Vorhänge und seien Sie bloss froh, dass Ihre Bodenheizung unsichtbar ist. Den allseits hochgelobten und ebenso abgrundtief hässlichen Ofen stellen Sie sich in den Keller. Dort ist er am nützlichsten, weil Sie darin Ihre alten Halbschuhe, die Computerheftli Ihres Mannes  und Freddy Krüger verbrennen können. Skol!

Michele Lalande, Decorative Details
http://sallyjean.typepad.com/sallyjean/2009/06/index.html

Freitag, 9. März 2012

Gender Harmonie


Es lebe die Freiheit, die Gleichheit, die Schwesterlichkeit! Diese Woche feierte man auf der ganzen Welt den Tag der Frau. Es sei gesagt, dass es sich hierbei nicht um den allzeit beliebten Muttertag handelt, sondern um den grossen prä-und post-menstrualen Läster- und Jammertag der westlichen Quotenfrau. Die Feministinnen dieser Welt fordern Gleichberechtigung, Besserstellung, Höherentlöhnung und Pissoirs für alle. Leider tun sie es nur allzu oft auf eine ganz und gar undamenhafte Art und Weise.

Marlene Dietrich über /www.swingfashionista.co
Ent-mann-zipation ist keine Lösung, meine Schwestern. Bitterkeit und Ablehnung gegenüber allem Männlichen ist dem Weiblichen bloss hinderlich. Eine moderne Frau weiss das. Nur Hardcore-Feministinnen denken noch, dass sie im Leben weiter kommen, wenn sie sich möglichst trost- und reizlos kleiden, derbe Sprache benutzen und sich vom letzten wahren Gentleman nicht in den Mantel helfen lassen. Heroisch ist das nicht. Eher töricht.  Ich habe ja den Verdacht, dass es sich hier um akuten Busenneid handelt. Vollbusigkeit wird in diesen ent-weiblich-ten Kreisen ja gerne mal mit schamloser Promiskuität gleichgesetzt. Obwohl freie Liebe eigentlich ins Portfolio einer jeden Frauenrechtlerin gehört, die etwas auf ihre hart erkämpfte, aber flachbrüstige Unabhängigkeit gibt. Nur ist es halt mit Naturborsten an den Beinen und Henna-Kurzhaarschnitt nicht so einfach an ein Schäferstündchen zwischen  Öko-Laken zu kommen.

www.buzzle.com/articles/tuxedos-for-women.html
Klar, wir haben es den nimmermüden Suffragetten zu verdanken, dass wir heute in Hosen wählen gehen dürfen und sogar Bundesrätinnen Torten ins Gesicht geworfen bekommen. Das sind Errungenschaften, die wir nie und nimmer missen möchten. Wir sind dankbar, stolz und sexy. Und das ist kein Widerspruch. Eine wahrlich  emanzipierte Frau sollte in der Lage sein, in Harmonie mit dem anderen Geschlecht zu leben, weil es so einfach mehr Spass macht. Man muss ja nicht über die schmutzigen Witze lachen, die manche Herren von sich geben. Aber man kann. Wenn sie lustig sind. Man muss auch nicht mit dem Polizisten flirten, der uns einen Strafzettel aufbrummen will. Aber man sollte. Sparen begünstigt die finanzielle Unabhängigkeit der Frau im Hinblick auf ein neues Paar Schuhe. 

Ladies, macht Euch mal locker! Geniesst das Leben mit all Eurer fabelhaften Weiblichkeit. Steht dazu, dass Ihr Brüste habt und Hüften. Seid gerne schön und lasst euch begehren. Seid klug, taff und schalkhaft. Wenn Ihr den kleinen Unterschied zu nutzen wisst und die Männer zu Euren Verbündeten macht, dann werde Ihr die Welt im Nu erobern. Und zwar mit einem Lächeln im Gesicht.