Freitag, 26. Oktober 2012

Wenn einer eine Reise tut



Ein Koffer ist viel mehr als nur ein Reisebegleiter. Er hält nämlich nicht nur die Reizwäsche zusammen, sondern verschweigt dezent auch die damit erlebten Eskapaden. Er ist still, praktisch und hat keine eigenen Bedürfnisse. Ganz im Gegensatz zu menschlichen Reisepartnern, die gerne mal keine Kirchen ansehen wollen, die Sonne schlecht vertragen, das Essen nicht mögen oder wegen Blasen an den Füssen jammern, bis man sie an der nächsten Ecke aussetzen möchte. So ein Reisegepäck ist da viel pflegeleichter, fordert allerdings rein optisch genauso seinen Status ein. 

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Der moderne Volks-Koffer hat eine harte Schale, ist von Samsonite und wird gerne auch mal in Gelb gekauft, weil er sich auf dem Gepäckband vom arroganten Manager-Schwarz abhebt. Sein Besitzer ist ein erprobter Mallorca-Tourist sowie Fernost-Kenner, der Koh Samui zwar lallen, aber nicht schreiben kann und der es schafft, auf dem Band den einzigen anderen quietsch-gelben Koffer zu greifen, um sich im Hotel dann zu wundern, was aus seinem geschmackvollen Hawaii-Hemd geworden ist, woher der Schnorchel kommt, und warum die blauen Pillen plötzlich weiss sind. Maj Lying sieht das ganz entspannt, denn wenn das Blaue fehlt, hat sie mehr Zeit für sich. 

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Was dem Asienfreund seine Hardcore-Bagage ist dem Alt-Hippie sein Rucksack. Dieses Gepäckstück ist nicht nur optisch eine Frechheit, sondern auch vom Standpunkt der Einhaltung adäquater räumlicher Distanz aus gesehen ein Witz. Ein Rucksacker ist immer und überall im Weg, weil er aufgrund seiner Marihuana befeuerten Front-Freiheit vergisst, dass sein unkontrolliert ausscherendes Tieflader-Heck ganze Schulklassen in einer Drehung dem Erdboden gleich machen kann. Rucksäcke sind die Offroader des Fremdenverkehrs. Erstaunlicherweise kann eine Person monatelang unterwegs sein, und alles, was gebraucht wird, findet in diesem schmuddeligen Rückenanhängsel Platz. Ausser einem Rasierapparat und einer Flasche Shampoo. Und genau das ist auf Goa seit Jahren ausverkauft.

Source: http://www.bellemaison23.com

Einer wahren Diva könnte so etwas nie passieren. Natürlich würde sie auch nicht auf ein indisches Eiland reisen, um halbnackt ums Lagerfeuer zu hüpfen. Schon eher findet man sie am Strand von Deauville -  zwar leicht bekleidet, dafür sprüh-gebräunt und stark beklunkert. Damit die Implantate auch auf Reisen immer gut angezogen sind, die Lippen nicht in sich zusammen fallen und die Extensions halten, braucht es Platz für Botox, Spandex und Drei Wetter Taft in rauen Mengen, weshalb eine Lady stets mit adäquatem Gepäck unterwegs ist. Sie reist mit Markenware der Familie Louis Vuitton. Ebenso unkaputtbar wie die Panzerkoffer von Thailand, bestehen diese Taschen, Beautycases, Trollys, Umhängebeutel und Überseekoffer vielleicht keinen IQ-Test, dafür jede Kontrolle der Stilpolizei. Dass sie gleich viel kosten wie ein Einfamilienhaus, machen ihre Besitzerinnen wieder wett, indem sie pro Monat weniger Essensgeld verbrauchen als ein in die Jahre gekommener Kanarienvogel mit akuter Diarrhoe.

Source: http://www.bellemaison23.com

Wenn Koffer sprechen könnten, würde es laut werden in den Flugzeugbäuchen, die Schiffskabinen würde erröten ob der frivolen Anekdoten. Die Gepäcknetze würden vor lauter Lachen bersten und Kofferräume vor Rührung weinen. Eine Geschichte hätte ein jeder zu erzählen. Unser Gepäck ist ein weit gereister, fröhlicher Haufen, mit den Jahren abgewetzt und auch ein bisschen altersschwach. Wenn sie für die Reise nicht mehr taugen, dann sollten sie doch wenigsten den Lebensabend nicht im Kerker verbringen müssen. Holen wir sie herein in die Stuben, die Schlafzimmer, die Bibliotheken. Wenn sie schon nicht mehr in die Ferne schweifen können, so bleiben sie uns doch in abgewandelter Funktion erhalten und erzählen mit sanftem Schweigen und stoischer Verschwiegenheit von unseren kosmopolitischen Exkursen. Ob in Rom, Paris oder New York: Ein Koffer ist immer nur die Summe seines Inhaltes und nur weil aussen LV drauf steht, heisst das noch lange nicht, dass die Wäsche sauber ist oder Donald Trump ein Amerikaner.


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Freitag, 19. Oktober 2012

Lichtblicke

Es geht nun wirklich fast nichts über die funktionalen Beleuchtungskörper, die man sich aus lauter Verlegenheit, nichts Besseres gefunden zu haben, aus dem Baumarkt mit nach Hause bringt, damit das Haus erleuchtet wird. "Hauptsache hell" ist das Motto, was am Ende auf das Wohnzimmer zutrifft, aber nicht unbedingt auf den Hausbesitzer. Da hängt dann ein stromlinienförmiger Chromstahl-Träger mit Halogenspots über dem Esstisch, die so grell leuchten, dass man zwar problemlos einen Frosch sezieren könnte, dafür aber zu geblendet ist, um beim romantischen Dinner seinem Gegenüber tief in die Augen zu blicken ohne eine Netzhautschädigungen zu riskieren. So kommt natürlich keine Stimmung auf. 


Source: http://vi.sualize.us
Das hat damit zu tun, dass Lampen nur allzu oft zu rein funktionalen Gebrauchsgegenständen degradiert werden. Das Design ist mitunter geradezu fahrlässig industriell und wenig erotisch. Wo früher warmes Licht herrscht, regiert heute LED und Xenon. Das umweltfreundliche Stromsparlicht trug natürlich das Seine dazu bei, dass man die Weihnachtsbeleuchtung an der Zürcher Bahnhofstrasse noch auf der ISS Raumstation erkennen konnte, aber das machte eben auch aus der gewöhnlichen Lichtverschmutzung noch kein Weihnachtsmärchen.

Source: http://thetinyabode.blogspot.ch
Dabei ist es gar nicht so schwer eine passende Lampe zu finden. Es gibt durchaus akzeptable Optionen, die der Gemütlichkeit förderlich sind. Wohlwollend zu erwähnen sind hier die Varianten mit Lampenschirm. Ein Schirm schützt. Auch vor Lichtexzessen mit hoher Energieeffizienz. Absehen sollte man in jedem Fall von Stehleuchten mit integrierter Leselampe und schwenkbarem Kopf. Diese Hybrid-Lampen sind zu nichts nütze ausser dazu, dass sie das Ambiente nachhaltig verderben, weil sie oben versprechen, was sie unten nicht halten.  Das ist allerdings bezeichnend, denn dieses Lampendesign erinnert stark an einen Stehpinkler. Man möge mir den saloppen Ausdruck verzeihen.

Source: http://projecthome.typepad.com
Vielleicht sollte an dieser Stelle erwähnt werden, dass auch auf eine sogenannte Tiffany-Lampe aus Pietätsgründen unbedingt verzichtet werden sollte. Es sei denn es handelt sich um ein anmutiges Original aus den 20er Jahren. Heute wird die aufwendige Technik von Louis Comfort Tiffany für wenig elegante Lampen im rustikalen Bauernmalereistil missbraucht, die vom Jugendstil so weit entfernt sind, wie die Funzel vom Kronleuchter. 

Source: http://draw-yourr-swords.tumblr.com
Kronleuchter hingegen gehen immer. Sie hiessen früher Lüster und der Name ist Programm. Hier steht hemmungslose Lebenslust, süsse Dekadenz und rasende Sinnlichkeit im Zentrum der Erleuchtung. Es geht nicht nur um das Licht, das sich in den Facetten der Glaskristalle spiegelt, sondern genauso um die verführerischen Schatten, die das Leuchten begleiten. Kronleuchter sind die Divas unter den Lampen mit niedriger Energieeffizienz. Zu Recht, denn sie wollen glänzen bis die Mieder platzen, blitzen bis die Schlipse reissen und funkeln bis die Sicherungen raus fliegen. 

Source: http://turquoiseandlime.blogspot.ch
Unter Kronleuchtern wurde Geschichte geschrieben ob in Potsdam, Paris oder Versailles, das Phantom der Oper kommt ohne ihn nicht aus und Kathleen Turner und Michael Douglas gingen mit ihm bis in den Tod.  Dieser Beleuchtungskörper ist ein opulenter Begleiter für jede Gelegenheit, der sich mit seinem wandlungsfähigen Freund - dem Dimmer - auf jede Stimmung einlässt. In jeder Grösse erhältlich, beleuchtet er chic und stilvoll den Festsaal genauso wie die Waschküche. Mit einem Kronleuchter ist eine Wohnung nie overdressed, aber immer ins passende Licht gerückt. Man merke: Wenn es hart auf hart kommt ist weniger mehr und ein Lüster geht immer.

Source: http://blog.customclosetsdirect.com

Source: http://www.housetohome.co.uk

Source: http://www.bellemaison23.com

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Freitag, 12. Oktober 2012

Landhaus Diva Portrait



Karin Eugster ist Tausendschön

Tanzen, Schwimmen, Joggen gehören zu Karin Eugsters Leidenschaften genauso wie ein Zuhause, das ganz ihr Innerstes wiederspiegelt. Tanzen übrigens gerne bis in die frühen Morgenstunden,  Schwimmen regelmässig im Sempachersee und zwar ganzjährig und Joggen jeden Morgen durch das schöne Städtchen Zofingen. Das wäre eigentlich nichts Besonderes, mal abgesehen vom winterlichen Badeplausch, aber Karin Eugster ist kein Teenager mehr, sondern hat bereits mehr als sechzig Lenze hinter sich und ist fünffache Grossmutter. Doch dieser Umstand ist kein Thema in ihrem Leben, das sie genau so gestaltet, wie es ihr gefällt. Die Jugendlichkeit hat sich Karin in jeglicher Hinsicht bewahrt, ihre Fantasie und ihre Vorstellungen lebt sie heute mehr denn je. 


Karin Eugsters Zuhause in einem Appartement in der Altstadt von Zofingen strotzt nur so vor Ideen, Farben und Überraschungen jeglicher Art. Minimalismus war zwar einst Teil ihres Lebens, aber den hat sie längst hinter sich gelassen, um heute in der Romantik des Shabby Chic zu schwelgen, den sie gekonnt mit einer Prise Opulenz verfeinert. Ihr ganz eigener Stil dominiert die Einrichtung, die sie mit viel Liebe zum Detail über Jahre  zusammen getragen hat. Karin ist eine passionierte Flohmarkt und Brockenhaus Besucherin, die das Auge dafür hat, wahre Trouvaillen und Schätze aufzustöbern. Vieles wird noch verändert, angemalt, neu bezogen, bevor es einziehen darf in ihr kleines Wunderland an der Pfistergasse.


Als gelernte Schneiderin fällt ihr das Gestalten und Entwerfen von neuen Ideen leicht. In ihrem kleinen Laden in Zofingen mit dem Namen Tausendschön verkauft sie Kleider und Accessoires, die sie aus alten und neuen Stoffen zusammenstellt, oder sie arbeitet Kleider so um, dass sie einen ganz neuen Look bekommen. Da werden aus Vorhängen Blazer, aus Pelzstolas Gürtel oder aus vielen Jupes ein einziges Kleid. Es werden vintage Handtaschen mit Federn verziert und Hüte mit Broschen aufgepeppt. Ihre Designs sind eine Adaption des Shabby Chic für die Welt der Mode.  

Karin Eugster
Alles, was Karin Eugster anpackt, sei es beim Einrichten oder an der Nähmaschine, tut sie mit grossem Elan, mit Kreativität und Authentizität. Ganz sich selbst zu sein, ist ihr wichtig. Es ist die Grundlage für ihr Schaffen und der Reiz ihres liebenswürdigen und feinfühligen Charakters. Ein Stückchen Kindlichkeit hat sie sich bewahrt und es gibt deshalb in ihrer Wohnung viel zu entdeckten, zu schmunzeln und zu staunen. „Von der Weihnachts- und Osterdekoration bleibt immer etwas stehen, weil ich es schade finde, es nur einmal jährlich zu sehen.“, erzählt Karin fröhlich. Wer könnte es ihr verdenken. Hasen und Engel haben das ganz Jahr Konjunktur und in einem Leben das tausendschön ist sowieso!












Fotos Copyright by Landhaus Diva

Freitag, 5. Oktober 2012

Tür-Falle



Türen sind wichtig. Türen haben Charakter und Stil. Oder auch nicht. Sie sind der erste Eindruck und der letzte. Sie bringen Erlösung oder Furcht - je nachdem, was sich dahinter verbirgt. Vor ihnen wird gezögert, inne gehalten, der Rock zurechtgezupft, das Lächeln aufgesetzt und nicht selten wird mit ihnen direkt ins Haus gefallen. Türen sind der Anfang und das Ende von allem. Ähnlich wie das Alpha und das Omega. Sowohl oben wie auch unten.

Source: http://thewalkup.wordpress.com

Oben steht Petrus mit dem Schlüssel zur sagenumwobenen Himmelspforte. Neidlos muss man zugeben, dass dies wohl die wichtigste Tür der christlichen Welt sein dürfte. Sie muss gross sein und eisern und schwer und ornamentiert. Sie ist so eindrucksvoll, dass jeder erblassen dürfte vor lauter Ehrfurcht. Und was liegt davor? Eine Fussmatte mit der Aufschrift „Wir kaufen nix!“ während am Tor ein Kranz mit verstaubten Trockenblumen hängt aus dem zwei putzige Gartenzwerge hervorlugen und auf den reuigen Sünder herunter gaffen. Ein gelungenes Empfangskomitee. 

Source: http://blog.thedecorativetouchltd.com

Wie im Himmel, so auf Erden. Der trashige Deko-Terror geht in den irdischen Stiegenhäusern seit langem um. In manchen Mehrfamilienhäusern kann man von Fussmatte zu Fussmatte hüpfen ohne den Boden zu berühren, wobei sich die Matten gegenseitig überbieten mit quietschfidelen Sprüchen oder niedlichen Tierfamilien im Gänsemarsch Das Bild wird abgerundet mit saisonalen Scheusslichkeiten rund ums Guckloch, wobei einige Türspione das Pech haben, seit Jahren vom gleichen, selbstgebastelten Strohkranz mit Plastiktrauben umgeben zu sein. Und obwohl an jeder zweiten Türe ein laubgesägtes Welcome-Schild hängt, kann man nicht davon ausgehen, dass die Bewohner das auch so meinen, geschweige denn überhaupt in fremden Zungen sprechen können. Man sollte dem Treppenhaus-Wahn Einhalt gebieten und Türen ganz sich selbst sein lassen. Nüchterne Pforten zu geheimnisvollen Welten. Solange man davor steht, besteht immer noch die Hoffnung auf grosse Begegnungen. Es reicht ja, dass diese Erwartungen den Bach runter gehen, wenn die Türen erst geöffnet werden.

Source: http://www.accentondesign.net

Was dem Hochhausbewohner der Fussabstreifer, das ist dem Reihenhäusler die Eingangstüre: Ein armseliger Versuch, sich ein Stück vermeintliche Individualität zu bewahren. Da gibt es neongelbe Kunststoffeingänge mit im Halbkreis angeordneten, dreieckigen Milchglasfenstern, es gibt Hochglanz- Stahltüren inklusive futuristischer Raumschiff Enterprise Landebahn, auf faux-art-deco getrimmte Aluminium-Portale mit schräg absteigenden Inlays oder geometrische Meisterwerke mit Gucklöchern in Helixform und tiefergelegten Klinken. Vor diesen unfassbar originellen Türen hängt gerne ein Dach aus grünem Pressglas, welches gerade so gross ist, dass dem Gast bei Regen das Wasser den Rücken herunter läuft, während er die raffiniert verdeckte Klingel sucht. 

Source: http://www.rebeccaheane.com

Richtige Türen müssen anmutig und verheissungsvoll sein. Das Schloss robust, aber einhändig zu bedienen. Die Klinke soll auf den ersten Blick ersichtlich sein und es wäre gut, wenn sich die Klingel vom Lichtschalter unterscheiden würde. Die Fussmatte ist bevorzugt spruch- und bilderlos. Die Gartenzwerge stehen ordentlich Spalier. Das Vordach muss eine vierköpfige Familie vor Wind und Wetter schützen und wenn Gäste angekündigt sind, würde es von echter Galanterie zeugen, wenn das Aussenlicht bereits brennt, wenn sie ankommen. So sieht ein Eingang mit Potential aus.

Natürlich hat Petrus weder Vorleger noch Gnome vor seinem Oberstübchen. Ihm reicht ein einfaches, goldenes Schild "Members Only" und ein Pfeil mit der Aufschrift "Zum Fumoir nehmen sie bitte die Rolltreppe: Inferno, Kreis 9".

Source: http://dishfunctionaldesigns.blogspot.no