Meinungs- und Marktforschung ist sein Metier. Die
Renovation von zerfallenen Immobilien eher nicht. Und trotzdem hat Jos Vloemans
sich darauf eingelassen, als er die Villa Haldeneck in Luzern vor über 15
Jahren kaufte. Er war damals auf der Suche nach neuen Büroräumlichkeiten für
sein Marktforschungsinstitut. Eine alte Fabrik oder einen maroden Bahnhof hätte
er sich vorstellen können, doch der Makler zeigte ihm die Villa Haldeneck. Sie
war seit langem leer gestanden. Hausbesetzer hatten sich in ihr eine Zeit lang
eingerichtet und ein Chaos hinterlassen. Der Vorbesitzer wollte das Haus
loswerden. Als Jos Vloemans sie besichtigte, war die Villa Haldeneck eine
Ruine. Und trotzdem verliebte er sich in sie. Hals über Kopf. Ihr verlottertes
Aussehen faszinierte ihn. Er erkannte auf Anhieb die verborgene Schönheit und
das riesige Potential.
Unzählige Bauschuttmulden später erstrahlte die Villa
Haldeneck in neuem Glanz. Respektvoll renoviert, hat sie kein bisschen von
ihren charmanten, altertümlichen Charakterzügen verloren. Bis heute ist das
Haus ein Hingucker, von dem aus man die Berge und den Vierwaldstättersee
bestaunen kann. Vom lichtdurchfluteten Turmzimmer aus ist der Blick besonders
schön - auch wenn man nicht Rapunzel ist. Jos Vloemans hat während des Umbaus
auf allen Etagen mal gewohnt. Immer dort, wo gerade nicht gebaut wurde. Jetzt
bewohnt er nur noch die unteren zwei, während er die obere Wohnung an eine
Familie vermietet. „Das sind meine lieben „Nachbure“, betont er. „Das klingt
doch schöner, als wenn man einfach „Mieter“ sagt, oder?“
Jos Vloemans hat nicht nur ein grosses Herz, er ist
auch stolz auf seine Villa Haldeneck, in die er viel Zeit, Geld und Phantasie
investiert hat. Die meisten seiner Ideen hat der Architekt für Jos umsetzen
können. So wurden zum Beispiel die Treppen neu positioniert. Im Treppenhaus und
den Badezimmern wurden die alten Mauern aus Naturstein frei gelegt. Diese
Besonderheit verleiht der äusserst eleganten Residenz einen wunderbar
rustikalen Touch. Ausserdem gibt es in der brandneuen, sehr modern gehaltenen
Küche einen Quooker. „Sie wissen nicht was das ist?“ fragt Jos Vloemans
schelmisch und erklärt dann: „In Holland gibt es das in fast allen Küchen, aber
die Schweizer haben keine Ahnung, was das ist!“ Es handelt sich beim Quooker,
um einen separaten Wasserhahn, aus dem kochend heisses Wasser strömt. Jos ist
von diesem ungewöhnlichen Küchen-Helferlein begeistert: „Das ist super
praktisch! Wenn man Tee machen will, hält man einfach die Tasse unter den
Wasserhahn, und schon ist er fertig.“
Den Spezial-Wasserhahn hat Jos Vloemans aus seiner
Heimat, den Niederlanden, in die Schweiz importiert, und wer weiss: Vielleicht
macht sein Beispiel schon bald Schule. Immerhin ist er ein Mann von Welt in
einer Villa mit Stil. So muss es sein. Seine Einrichtung ist eher zufällig
entstanden. Es ist ein mondäner Mix aus Designerstücken und Industrie-Chic
angereichert mit rustikalen Elementen. Doch nicht nur Design, sondern auch
Kunst ist für Jos wichtig. Sie findet sich in allen Räumen. Bis auf das Ausstellungsplakat
von Jean-Michel Basquiat in der Gästetoilette und das Portrait im Wohnzimmer,
das ein Freund für ihn machte, sind alle Bilder von ihm selbst gemalt. Mit
seinen Werken hat er schon einige Ausstellungen bestückt Und obwohl Jos mit
Leidenschaft malt, hat er - im Gegensatz zu früheren niederländischen Malern -
noch beide Ohren aufzuweisen.
Jos kam übrigens vor vielen Jahren nicht der Kunst,
sondern der Liebe wegen nach Luzern. Verliebt, verlobt, verheiratet. Und obwohl
er ein vielgereister Mann ist, hat er hier permanente Wurzeln geschlagen. Er
wird nächstens sogar einen Schweizer Pass bekommen. Belustigt erzählt Jos, dass
die Dame vom Einbürgerungsamt nach unzähligen Fragen am Ende nur noch dies zu
sagen hatte: „Lieber Herr Vloemans, sie sind doch Holländer. Da haben sie es
doch gar nicht nötig, Schweizer zu werden!“ Er wird es jetzt trotzdem. Mit
Freuden und ganz ohne Not.
Alle Fotos: Copryright by Landhaus Diva