Freitag, 30. August 2013

Der Holländer und die Villa



Meinungs- und Marktforschung ist sein Metier. Die Renovation von zerfallenen Immobilien eher nicht. Und trotzdem hat Jos Vloemans sich darauf eingelassen, als er die Villa Haldeneck in Luzern vor über 15 Jahren kaufte. Er war damals auf der Suche nach neuen Büroräumlichkeiten für sein Marktforschungsinstitut. Eine alte Fabrik oder einen maroden Bahnhof hätte er sich vorstellen können, doch der Makler zeigte ihm die Villa Haldeneck. Sie war seit langem leer gestanden. Hausbesetzer hatten sich in ihr eine Zeit lang eingerichtet und ein Chaos hinterlassen. Der Vorbesitzer wollte das Haus loswerden. Als Jos Vloemans sie besichtigte, war die Villa Haldeneck eine Ruine. Und trotzdem verliebte er sich in sie. Hals über Kopf. Ihr verlottertes Aussehen faszinierte ihn. Er erkannte auf Anhieb die verborgene Schönheit und das riesige Potential. 
 


Unzählige Bauschuttmulden später erstrahlte die Villa Haldeneck in neuem Glanz. Respektvoll renoviert, hat sie kein bisschen von ihren charmanten, altertümlichen Charakterzügen verloren. Bis heute ist das Haus ein Hingucker, von dem aus man die Berge und den Vierwaldstättersee bestaunen kann. Vom lichtdurchfluteten Turmzimmer aus ist der Blick besonders schön - auch wenn man nicht Rapunzel ist. Jos Vloemans hat während des Umbaus auf allen Etagen mal gewohnt. Immer dort, wo gerade nicht gebaut wurde. Jetzt bewohnt er nur noch die unteren zwei, während er die obere Wohnung an eine Familie vermietet. „Das sind meine lieben „Nachbure“, betont er. „Das klingt doch schöner, als wenn man einfach „Mieter“ sagt, oder?“ 


Jos Vloemans hat nicht nur ein grosses Herz, er ist auch stolz auf seine Villa Haldeneck, in die er viel Zeit, Geld und Phantasie investiert hat. Die meisten seiner Ideen hat der Architekt für Jos umsetzen können. So wurden zum Beispiel die Treppen neu positioniert. Im Treppenhaus und den Badezimmern wurden die alten Mauern aus Naturstein frei gelegt. Diese Besonderheit verleiht der äusserst eleganten Residenz einen wunderbar rustikalen Touch. Ausserdem gibt es in der brandneuen, sehr modern gehaltenen Küche einen Quooker. „Sie wissen nicht was das ist?“ fragt Jos Vloemans schelmisch und erklärt dann: „In Holland gibt es das in fast allen Küchen, aber die Schweizer haben keine Ahnung, was das ist!“ Es handelt sich beim Quooker, um einen separaten Wasserhahn, aus dem kochend heisses Wasser strömt. Jos ist von diesem ungewöhnlichen Küchen-Helferlein begeistert: „Das ist super praktisch! Wenn man Tee machen will, hält man einfach die Tasse unter den Wasserhahn, und schon ist er fertig.“


Den Spezial-Wasserhahn hat Jos Vloemans aus seiner Heimat, den Niederlanden, in die Schweiz importiert, und wer weiss: Vielleicht macht sein Beispiel schon bald Schule. Immerhin ist er ein Mann von Welt in einer Villa mit Stil. So muss es sein. Seine Einrichtung ist eher zufällig entstanden. Es ist ein mondäner Mix aus Designerstücken und Industrie-Chic angereichert mit rustikalen Elementen. Doch nicht nur Design, sondern auch Kunst ist für Jos wichtig. Sie findet sich in allen Räumen. Bis auf das Ausstellungsplakat von Jean-Michel Basquiat in der Gästetoilette und das Portrait im Wohnzimmer, das ein Freund für ihn machte, sind alle Bilder von ihm selbst gemalt. Mit seinen Werken hat er schon einige Ausstellungen bestückt Und obwohl Jos mit Leidenschaft malt, hat er - im Gegensatz zu früheren niederländischen Malern - noch beide Ohren aufzuweisen.


Jos kam übrigens vor vielen Jahren nicht der Kunst, sondern der Liebe wegen nach Luzern. Verliebt, verlobt, verheiratet. Und obwohl er ein vielgereister Mann ist, hat er hier permanente Wurzeln geschlagen. Er wird nächstens sogar einen Schweizer Pass bekommen. Belustigt erzählt Jos, dass die Dame vom Einbürgerungsamt nach unzähligen Fragen am Ende nur noch dies zu sagen hatte: „Lieber Herr Vloemans, sie sind doch Holländer. Da haben sie es doch gar nicht nötig, Schweizer zu werden!“ Er wird es jetzt trotzdem. Mit Freuden und ganz ohne Not.
 
Jos Vloemans
 

 




 

 


Alle Fotos: Copryright by Landhaus Diva

Donnerstag, 22. August 2013

Teppichetage



Dass Teppiche gar nicht fliegen können ist ein infames Gerücht. Natürlich können sie das! Wir haben es alle schon erlebt. Teppiche fliegen regelmässig. Und zwar im hohen Bogen aus der Wohnung der kürzlich verstorbenen Oma oder dem neu gekauften, aber noch nicht renovierten Ferienhaus im Berner Oberland.  Textile Bodenbeläge sind Dank der militanten Laminat-Lobby und der allgegenwärtigen Hausstaubmilbe seit längerer Zeit in Ungnade gefallen. Heute muss um jeden Preis ein Parkett-Boden her, auch wenn die High-Heels dann draussen bleiben dürfen. Lieber in Latschen übers Holz, als mit Ungeziefer ins Bett.

 
Bild über: www.habituallychic.blogspot.com

Vor allem die Orientteppiche haben unter dieser Verbannung zu leiden, obwohl sie doch quasi den wunderbar märchenhaften Ursprung des aviatischen Bettvorlegers darstellen. Es mag mit den traditionellen Mustern und der dunklen Farbgebung zusammen hängen, dass diese Fussmatten heutzutage nur noch in Brockenhäusern zu finden sind. Aber vielleicht handelt es sich einfach nur um einen akuten Fall von modischer Rückstufung zugunsten von mondänen Plattenböden und schicken Schiffsboden-Laminaten. Was auch immer der Grund für den Perser non grata sein mag, eines ist klar: Aladin darf die Wunderlampe behalten, aber der Teppich muss raus. 

Bild über: www.welikedaylight.com

Dabei sind Teppiche viel besser als ihr Ruf. Zu Zeiten der Spannteppiche konnte man den ganzen Tag durch die Wohnung tapsen und man bekam weder kalte noch dreckige Füsse. Das war wirklich angenehm. Natürlich hatte man einen Haufen dieser Staubviecher zur Untermiete, aber was früher in den Teppichen wohnte, das haust heute in der frisch gewaschenen Bettwäsche und macht keinen Mucks. Und trotz allseits verbreitetem Teppich-Ekel und Hygienewahn ist das Unvorstellbare nicht aufzuhalten: Irgendwas kriecht immer zwischen dem Parkett hervor. 

Foto über: www.theenchantedhome.blogspot.com

Nun sollte man sich mit solchen Wahnvorstellungen aber nicht die Freude an zeitgenössischen Versionen althergebrachter Teppichkunst verderben. Handgeknüpfte Kunststücke in knalligen Farben und aufregenden Mustern,  genauso wie zauberhafte Teppich-Werke in Pastell mit antik-anmutenden Strukturen, verwandeln ein einfaches Wohnzimmer im Nu in einen atemberaubenden Salon. Ein Teppich gibt einem Wohn-Look erfrischende Abwechslung und spannende Textur, teilt grosse Räume in einzelne Wohninseln ein oder ist ganz für sich allein eine Augenweide. Der Designer Jan Kath, zum Beispiel,  hat die Teppiche neu erfunden. Seine Kollektionen mit Namen wie „Rug Evolution“ oder „From Russia with Love“ werden in Tibet, Nepal und der Mongolei handgeknüpft. Es sind mehr als nur Teppiche. Es sind Fashion Statements, die aus konservativen Parkettböden strahlende Divas machen und aus industriellen Betonunterlagen verwegene Dandys. Schauen Sie es sich an und dann probieren Sie es aus! 

Jan Kath Store by Möbel Pfister, Walcheplatz/Stampfenbachstrasse, Zürich www.jan-kath.de 

 
 www.jan-kath.de

Bild über: www.canvasstyle.blogspot.com
  
Bild über: www.simpledetailsblog.blogspot.com

Bild über: www.juxtapost.com
 
Bild über: www.canvasstyle.blogspot.com

Mittwoch, 14. August 2013

Die Muschelsucher



Am Strand fläzen, die Sonne anbeten, Liebesroman um Liebesroman verschlingen, Cocktails schlürfen, Tapas knabbern und einfach tagelang dem hehren Nichtstun frönen. Zwischendurch mal am Strand spazieren gehen, Muscheln suchen und Seesterne finden. Das sind Ferienträume! Mal abgesehen vom all-abendlichen Stau am All-Inclusive-Buffet, dem täglichen Kampf um den letzten freien Liegestuhl und der Ameisenstrasse im Hotelzimmer. Aber wer will denn ob solcher Kleinigkeiten schon meckern. Nein, Urlaub ist dann gut, wenn man am Ende glaubwürdig gebräunt ist, und der Zollbeamte bei der Einreise die gefälschten Lacoste-Shirts nicht entdeckt.

Source: www.livingwithlibby.com

Natürlich sind Souvenirs ein Must. Handgeknüpfte Teppiche vom türkischen Bazar zu 50 Euro das Stück. Antike Mini-Koloss-Statuen von Ausgrabungen rund um Rhodos. Schnäppchen-Rolex-Uhren aus Dubai und offensichtlicher Kitsch aus Italien, Spanien und sonstigen Pauschalurlaubsorten. Jeglicher Tand hilft dabei, sich auch nach Jahren noch an die 5 Packungen Kohletabletten zu erinnern, die es brauchte, bevor man wieder feste Nahrung zu sich nehmen konnte. Nur von frei herumliegenden Steinen in Ägypten sollte man die Finger lassen. Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie bitte die Packungsbeilage oder fragen Sie den nächsten Walliser Polizeikommandanten.

Source: www.kappapearlsandcurls.tumblr.com

Das einzige, wirklich respektvolle Andenken an Badeferien sind Muscheln. Selbstgefundene. Die gibt es in Gran Canaria genauso wie in St. Barth. Ganz egal, ob Billigferien oder Luxus-Holliday, die Muscheln sind immer all inclusive, und es lohnt sich, die Schönsten und Edelsten zu entdecken, weil sie sich Zuhause wunderbar präsentieren lassen. Eine einzige, perfekte Muschel ist stets eine Augenweide, aber auch in grossen Mengen sind sie eine wahre Pracht. Getrocknete Seesterne übrigens auch. Aber bitte nur Selbstgefundene. Die Sterne, die man in den Souvenirshops kaufen kann, sind leider um des Kommerzes Willen umgebracht worden, und man möchte ja reinen Gewissens seine Ferienschätze präsentieren können, ohne dass gleich jemand auf die rote Spraydose drückt. 

Source: www.coastal-style.blogspot.com

Gleiches gilt für weisse Korallen. Die meisten Arten sind geschützt, und man darf sie nur mit einer 20seitigen-Einfuhrbewilligung, nachgewiesener Tollwutschutzimpfung und ZEWO-Zertifikat mit nach Hause nehmen. Man sollte nicht, aber man kann sie allerdings auch einfach im Souvenir-Shop kaufen, und denen zur Not die Schuld in die Schuhe schieben, denn diese optischen Leckerbissen sind die Krönung jedes Budget-Strand-Trips. Nichts macht sich besser in der Vitrine als ein halbes, selbst er-tauchtes Korallenriff aus Male. 

Source: www.coastal-style.blogspot.com

Lange Rede, kurzer Sinn: Muscheln sind die Streber unter den Souvenirs! Ästhetisch ansprechend, politisch korrekt, ökologisch unbedenklich, ökonomisch nachhaltig, keimfrei und garantiert unbewohnt. 

Source: www.countryliving.com

Source: www.emmamcgrene.net
 
Source: www.countryhome.com

Source: www.creativecelebrations.tumblr.com
 
Source: www.dustyluinteriors.blogspot.com