Jacqueline Rommerts - Wenn ich nach Hause komme, dann ist es einfach Liebe
Das Haus steht in einem kleinen Dorf im Kanton
Jura. Und obwohl dieses Bauernhaus mit angebauter Scheune schon seit unzähligen
Jahren dort steht, scheint es so, als wäre es erst seit kurzem aus seinem
Dornröschenschlaf erweckt worden. Jacqueline Rommerts und ihr Mann haben es
wachgeküsst.
Was die beiden bei der Besichtigung vorfanden,
war ein Stadel, in dem sich ein Orgelbauer seinem Handwerk hingab, ein aus den
Fugen geratenes Wohnhaus und ein verwilderter Garten. Trotz diesen widrigen
Umständen erkannte Jacqueline Rommerts das Potential des Anwesens auf Anhieb.
„Ich musste das hüfthohe Gras regelrecht auf die Seite schieben, damit ich
durch den Garten gehen konnte“, erzählt sie. Als sie dann von aussen auf das
Haus blickte und den Bach hinter sich plätschern hörte, war ihr klar, dass sie
hier bleiben wollte.
Erst Jahre später erkannte Jacqueline, dass
diese Szene im Garten sie an ihre Jugend in Afrika erinnerte. Auch dort gab es
lange Gräser, durch die sie als Kind tollte. Es war eine glückliche Zeit. Dieses
Glück nahm die gebürtige Holländerin in den Jura mit. Und nicht nur das.
Jacqueline ist eine weit gereiste Künstlerin - eigentlich eine
Kunst-Allrounderin, die sich mit verschiedenen Techniken und Materialien
auskennt. Auf die Frage, warum sie Künstlerin geworden sei, erklärt sie: „Ich
wollte schon als kleines Mädchen immer etwas mit den Händen machen. Die
Fingerfertigkeit und das Handwerk, das der Kunst zugrunde liegt, interessierten
mich. Ich wollte verschiedene Techniken lernen, damit ich meinem beständigen
Drang, Neues und Unerwartetes zu erschaffen, gerecht werden kann.“
Und das tat Jacqueline. Sie besuchte die Mode-
sowie die Kunstakademie, arbeitete als Grafikerin, Illustratorin, Stylistin und
Dekorateurin. Heute beschäftigt sie sich mit „Upcycling“ – Kunst aus
Materialien, die weggeworfen oder nicht mehr erwünscht sind. Ihr Atelier ist an
Sinnlichkeit kaum zu überbieten. Es gibt Stoffe in allen Schattierungen, Keramikschalen und Teller in sämtlichen
Grössen und Nuancen, Farben, Glasperlen, Stoffbänder und Porzellanbruchstücke
in rauen Mengen. Daraus entstehen neue, überraschende Werke. Mal ist es ein
Bild, mal eine Collage, manchmal auch ein Mosaik. Aus Tassen und Tellern
entstehen Kerzenhalter, Gefässe und Schüsseln werden in Beistelltische verwandelt.
Jacqueline hat das Talent, aus scheinbar unpassenden Fragmenten ebenso
harmonische wie aufregende Kreationen zu erschaffen. Und doch sind ihre Werke
weder aufdringlich noch laut. Sie sind still, anmutig und gleichzeitig
humorvoll und voller Leben.
Emotionen drückt Jacqueline gerne in ihren
Kunstwerken aus. Und gerade weil sie um den wohltuenden Effekt dieser Art der
Expression weiss, arbeitete sie auch als Kunsttherapeutin und half Patienten
dabei, seelische Verfassungen in Form von Bildern oder Skulpturen zu
verarbeiten. Zuletzt in einem Altersheim, wo die Menschen den letzten Abschnitt
ihres Lebens verbringen. Diese Begegnungen bewegten Jacqueline dazu, sich auch
im Palliativbereich weiterzubilden. Die Auseinandersetzung mit dem Sterben
betrachtet sie als konsequente Weiterentwicklung ihrer eigenen Persönlichkeit
und daraus entstand auch die Idee für „Le Fil Kinouli“.
Der Faden, der uns verbindet – Le Fil Kinouli –
steht für Werke, die aus geliebten Erinnerungsstücken einer verstorbenen Person
bestehen und in enger Zusammenarbeit für und mit den Hinterbliebenen kreiert
werden. Die Angehörigen entscheiden selbst, welche Materialien verarbeitet
werden sollen. Alles ist möglich: Altes Porzellan, Fotos, Schmuck, Briefe,
Servietten, Besteck und vieles mehr. Jacqueline interessiert sich für die
Personen und Geschichten, die hinter den Objekten stehen, und erschafft daraus
ein einzigartiges Erinnerungsstück, das mehr ist als ein Kunstobjekt. Es ist
das, was bleibt. Ein Symbol für das unzerstörbare Band, welches das
Verbleibende mit dem Vergangenen vereint.
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Jacqueline Rommerts vor ihrerm Wohnwagen "Blue Lagoon" |
Der Vergangenheit Rechnung getragen hat
Jacqueline auch beim Umbau ihres Hauses. Wohnhaus und Scheune sind zu einem Ganzen verschmolzen.
Die Scheune wurde in ein luftiges, dreistöckiges Loft umgewandelt, welches
Esszimmer, Atelier, Wohnbereich, Büro und Ankleidezimmer beherbergt. Von jedem Stockwerk des Lofts aus gibt es
einen Durchgang in den traditionellen Bauernhausteil hinüber, in dem Küche,
Schlafzimmer, Bibliothek und ein Gästeappartement untergebracht sind. Alte
Balken, Eisenträger, Böden und Türen verschmelzen heute nahtlos mit modernen
Vorrichtungen und Küchenzeilen. Die Möbel und Accessoires angereichert mit
Jacquelines Kunstwerken ergeben einen wunderbar eklektischen Mix aus
Antiquitäten und zeitgenössischen Stücken. Ihr Zuhause ist eine Oase der
Harmonie angefüllt mit liebevoll ausgesuchten Einzelstücken.
„Dieser Garten ermöglichte es mir mit seiner
Grösse, meinen lang gehegten Wunsch zu erfüllen“, erklärt Jacqueline, als wir
über die Wiese schlendern. Hier gibt es zahlreiche Sitzgelegenheiten, einen
alten Brunnen, eine Brücke über den Bach. Und dann fällt der Blick auf das
Glanzstück des Gartens: La Roulotte – Jacquelines Bauwagen, den sie zum
romantischen Shabby Chic Caravan umfunktionierte. Hierhin zieht sie sich
zurück, wenn sie die Seele baumeln lassen möchte. Keine Holländerin ohne
Wohnwagen, auch wenn er im Jura nur im Garten stationiert ist. Jacquelines Warmherzigkeit ist hier genauso wie in jedem Raum ihres Heimes
spürbar. Auf die Frage, was sie empfinde, wenn sie von einer langen Reise
zurück nach Hause komme, antwortet sie: „Es ist einfach Liebe.“
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Der Wohnwagen "Blue Lagoon" von aussen. |
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Und von innen. |
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