Was Trendforscher in
mühevoller Arbeit erarbeiten mit Hilfe gründlicher Recherche und intensiver
Analyse, das erfindet die Verkäuferschaft von eidgenössischen Möbelhäusern
flugs morgens vor dem Spiegel beim Zähneputzen und in Anbetracht von
Ladenhütern, die sie dringend loswerden wollen. Frau Meier und Frau Huber, seit
langem beste Freundinnen und Kennerinnen der hiesigen Innendekorations-Szene,
treffen sich zum Frühstück im Manor-Restaurant:
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Frau Meier: „Schönes Wohnen
ist uns wichtig. Am Weekend haben mein Mann und ich ein neues Sofa gekauft und
wir sind richtig glücklich damit. Wir
haben auch eine Farbe gewählt, die jetzt im Trend ist.“ - Frau Huber: „Ach
wirklich! Wo habt Ihr es denn gekauft und welche Farbe hat es?“ - Frau Meier: „Wir waren bei Möbel Pfister.
Billig war es nicht, aber immerhin liefern sie alles ins Haus und die Beratung
dort ist einzigartig. Sie nehmen auch unser Altes mit, das wir damals ebenfalls
dort gekauft haben. 15 Jahre ist das jetzt schon her. Ich hätte ja schon lange
ein Neues gewollt, aber Heiri meinte, das Alte sei ja noch tipptopp. Immerhin
sei es teuer gewesen und man müsse ja nicht immer gleich wieder alles ersetzen.
Da hatte er natürlich Recht. Gut, das Ding hatte den damals total angesagten
Multicolor-Look, der mir schon nach zwei Jahren etwas verleidet war, aber
wenigsten hat man die paar Bratensaucen-Flecken nicht gesehen. Weisst Du, der
Heiri isst gerne vor dem Fernseher, wenn Fussball läuft.“ - Frau Huber: „Ja, so
was ist sehr praktisch. Wir haben auch so einen mint-farbigen Divan, der mit
schmutzabweisendem Stoff bezogen ist. Welche Farbe hat denn Euer neues Sofa?“ -
Frau Meier: „Es ist aus senffarbenem Leder und ist von De Sede. Die Verkäuferin
hat gesagt, dass diese Farbe jetzt absolut in sei. Heiri fand zwar, dass ihm
ein schwarzes Sofa besser gefalle, weil es zeitlos sei, aber ich habe ihn davon
überzeugen können, dass man sich auch in unserem Alter noch etwas Modernes ins
Wohnzimmer stellen kann. Die Verkäuferin meinte auch, dass so ein Farbklecks
ein Zimmer komplett verändern könne. Das wirke dann alles viel frischer.“
Frau
Huber: „Das ist schon wahr. Der Verkäufer von Möbel Märki hat damals genau das
Gleiche gesagt, als wir uns für den Mint Divan entschieden haben. Wir haben
dann auch noch Vorhänge mit Mint Schmetterlingen bei Märki machen lassen, damit
die Farbe wieder aufgegriffen wird. Der Verkäufer war sehr nett. Er hat mich
auf diese Idee gebracht. Das sind eben schon Profis dort. Die wissen, wovon sie
sprechen. Die Vorhänge haben über Zweitausend Franken gekostet. Fritz war
danach zwei Wochen lang möff, weil ich die Vorhänge einfach bestellt hatte,
ohne ihn zu fragen. Aber jetzt findet er sie auch schön.“ - Frau Meier: „Ja,
gell Gerda, es ist manchmal schon schwierig mit den Männern. Für schöne Dinge
haben sie einfach keinen Sinn. Mein Heiri hat auch nicht verstanden, dass ich
noch Kissen, Teppiche, Kerzenständer und zwei Lampen in senf-ähnlichen Farben
kaufen wollte. Aber ich habe mich durchgesetzt. Schliesslich verstehe ich etwas
vom Einrichten. Das sagen meine Freundinnen auch immer. Ich muss Heiri jetzt
nur noch davon überzeugen, dass wir auch die Vitrine ersetzen müssen. Die
Verkäuferin bei Pfister hat mir nämlich diese Wohnkombination Urban gezeigt. Davon gibt es Sideboard,
Kommode und Lowboard.“ - Frau Huber: „Was ist denn ein Lowboard?“ - Frau Meier:
„Das ist ein tiefer gelegtes Siedeboard. Ist jetzt total im Trend. Da kann man
dann den Fernseher drauf stellen. Und die ganze Serie ist im gleichen Stil und
mit dem gleichen Holz, damit alles schön zusammen passt. Gut, sie ist jetzt
nicht billig, aber immerhin haben wir ganz lange etwas davon und dieses dunkle Holz
ist jetzt total angesagt. Das habe ich schon im Schöner Wohnen gesehen. So was Ähnliches
hat auch Beni Thurnheer zu Hause.“ - Frau Huber: „Ehrlich? Ihr kennt den?“ -
Frau Meier: „Nein, aber in der Home-Story von der Schweizer Illustrierten habe
ich es gesehen.“ - Frau Huber: „Ja, der Beni hat eben Geschmack. Das war mir
schon immer klar. Er hätte sich jetzt
nicht unbedingt von seiner Frau trennen müssen, aber eben, man will ja auch mal
was Modernes, Frisches zu Hause. Sag
mal, musst Du dann an Weihnachten auch anderen Baumschmuck kaufen? Ich frage
nur, weil ich wegen dem Mint Divan alles Mint Kugeln und Lametta und so gekauft
habe. Fritz fand das total übertrieben und hat sich im Globus an der Bar einen
angesoffen, während ich Kugeln gesucht habe. Ich musste ihn regelrecht von der
Bar wegzerren, während er ständig gelallt hat:
Fröhliches Kugeln mitenand. Und: Ho, Ho, Ho, wir sind im
Mintermunderland. Weisst du, wie peinlich mir das wahr? Schrecklich kann ich
dir sagen!“ - Frau Meier: „Du Arme, das ist ja schlimm. Aber ist gut, dass Du
es mir erzählst. Ich werde dann ohne Heiri Weihnachtsschmuck kaufen gehen. Ich
hoffe nur, dass es dieses Jahr wieder diese senffarbenen Kugeln gibt, die ich letztes
Jahr schon gesehen habe. Da fand ich die noch unmöglich, aber jetzt, wo wir das
Sofa haben und die Verkäuferin mir versichert hat, dass dies die Farbe des
Jahres ist, da muss ich natürlich auch den Baumschmuck haben, damit alles schön
zusammen passt. Du weisst ja: Ich wohne gerne schön.“
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Ich muss jetzt mal ketzerisch etwas offenbaren: Leute, die diesen letzten Satz immer und immer wieder äussern, haben in den allermeisten Fällen keine Ahnung von Innendekoration. Ganz zu schweigen von Harmonie und Ästhetik in diesem Bereich. Diese Spezies ist in der örtlichen Häkelgruppe hyperaktiv, fährt mit Vierzig zum Selbstfindungs-Malen in die Toskana und zwingt ihren Heiri in der verzweifelten Endphase zum tantrischen Kreistanz, weil Frau Hugentobler gesagt hat, dass sei jetzt der letzte Schrei. Es muss einfach mal gesagt werden: Möbel-Pfister-Wohnkombination-Einkäufer sind Schafe, die von der Klippe springen würden, wenn der Verkäufer sagt, dass dies gerade im Trend ist.
Etwas zu kaufen, das über
tausend, hart verdienter Schweizer Fränkli kostet, nur aufgrund eines vorübergehenden
Trends, ist überaus töricht, ausser man ist Multimillionär. Der
Durchschnittsverdiener sollte davon tunlichst die Finger lassen. So was hat
schon Banken in den Untergang getrieben. Etwas, dass hipp ist, man sich ins
Wohnzimmer stellt und nächstes Jahr wieder out ist, das muss möglichst
kostengünstig sein, damit man es schnell wieder loswerden kann. Sonst steht es
da noch zehn Jahre später und verpestet das Wohnklima. Ein dreifaches Hoch auf
IKEA. Und ein zünftiges Buh an die helvetischen, heiligen Möbelkühe Pfister,
Müller, Ferrari, Schubiger und sonstige nicht vorhandenen Stilikonen.
Schönes Wohnen kann man sich
nicht als Kombination bei Pfister kaufen. Es entsteht erst, wenn man sich Zeit
nimmt, sich umschaut, die Trends wahrnimmt, aber sie nicht zum Statussymbol erhebt,
sich dann aus liebevoll gesammelten Einzelstücken ein Zuhause zusammen
schustert, das alle Aspekte eines ganz individuellen Lebens vereint. Ein Sofa,
das nicht schmutzabweisend und nicht von Rolf Benz ist, ist ein authentischerer
Zeuge eines erfüllten Lebens als ein überteuerter Divan von de Sede und Fritz
wäre ganz bestimm weniger möff.
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