Vor
Ostern hat diese Farbe Hochsaison. Gelb. Wohin das Auge reicht. Gerade sind wir
wieder im Stadium der allgegenwärtigen Frühlingsgefühle, die offenbar durch
Anreichern von Schaufensterauslagen und Frühstückstischen mit Zitronengelb, den
herannahenden, österlichen Klimax noch verstärken soll. Zusammen mit den
flankierenden Entzückungs-Beschleunigern Apfel-Grün und Aprikosen-Orange
scheint das dekorative Leben in Helvetiens Stuben vor der grossen
Schoggihasen-Sause ein einziger, fröhlicher Eierlikör-Taumel zu sein. In diesem
Ausnahmezustand kennt Gelb keinerlei Grenzen. Arglose Hasen, Enten, Gänse,
Schafe, Hühner und Singvögel infizieren sich damit. Erbarmungslos greift es
auch Tischdecken, Servietten, Frühstücksgeschirr, Blumentöpfe und sogar
hilflose Vorhänge an. Nicht mal Lebensmittel sind vor Überfällen geschützt.
Kuchen, Petit-Fours, Cupcakes, Plätzchen. Alles gelb. Und wenn es schon nicht
gelb ist, dann hat es zumindest Osterglockenmuster aufzuweisen, sonst scheint
die Gefahr zu bestehen, dass der Frühling vielleicht gar nicht aufwachen will.
Und wer würde es ihm in Anbetracht dieser farblichen Missstände auch verdenken?
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Nun
ist es ja so, dass so ein Frühling durchaus auch Verständnis für andere,
ansprechende Farben aufbringt. Da gäbe es noch Puderrosa, Himmelblau oder
Stets-Perfektes-Weiss. Alles dezente und ehrbare Couleurs, die in vernünftigen
Dosen angewendet, angenehm den Lenz unterstützen und trotzdem beim Ansehen
weder quietschen noch glucksen. Immerhin sind in der Tierwelt auch nur Küken
und Kanarienvögel wirklich gelb. Alle anderen oben genannten Kreaturen weisen
im richtigen Leben eine gedeckte und doch stilvolle Farbpalette auf. Wer sich
also keine echten Küken ins Wohnzimmer holen möchte, sollte sich auf frische
Narzissen und ein paar gefärbte Eier beschränken, denn zu viel dieser
vermeintlich Fröhlichkeit stimulierenden Farben gepaart mit grünen Strohhasen
auf dem Klo und Kopfkissenbezügen mit lustigen, orangenen Hühnern hat schon
manchen Ehemann ins Liebes-Exil getrieben.
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Das
Drama des Frühlings-Gelbes setzt sich erschreckenderweise gegen Ende des
Sommers in Form des Sonnenblumenwahns fort. Wo im April Narzissen prangten,
verfolgen uns im August diese allseits beliebten, Möchtegern-Flower-Power-Revival
Korbblütler. Die eidgenössischen Balkone, Terrassen und Wintergärten sind mit
diesen zumeist unförmigen und riesigen Blumen vollgestopft. Sie siechen in
Blumentöpfen mehr schlecht als recht dahin, werden in zu kleine Vasen gepfercht
und finden sich auf jedem Sitzkissen in Gartenrestaurants von Dürrenäsch bis
Vico Morcote wieder. Wer im Sommer seiner Liebsten ein wirklich
hochromantisches Geschenk machen will, der bringt gerne mal eine einzelne
Sonnenblume mit. Ich weiss nicht in welchem Film das vorkam, aber es muss
einfach mal gesagt sein: Sonnenblumen mögen für die Speiseölgewinnung geeignet
sein, aber um eine Lady rumzukriegen, braucht es immer noch rote Rosen. Der lateinische
Name dieses gelben Ungetüms ist übrigens Helianthus annuus und wen wundert es
da, dass sich Van Gogh deswegen ein Ohr abgeschnitten hat.
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Natürlich
ist Gelb eine durchaus respektable und ernstzunehmende Farbe, die das ganze
Jahr über Freude bereiten kann. Es braucht nur das richtige Mass an Zurückhaltung
im Umgang mit ihr und schon wird sie zutraulich und darf dann auch aufs Sofa.
Ein Kissen hier, eine Lampe dort, ein Blickfang am rechten Ort in dieser überraschend
dramatischen Farbe können im Handumdrehen aus einem durchschnittlichen
Wohnzimmer einen aufregenden Salon machen. Es ist immer das Weniger, welches
das Mehr hervorbringt. Die gelbe Gefahr ist in Wirklichkeit eine atemberaubende,
wohlproportionierte Diva. Und eine Diva braucht Platz, um sich zu entfalten und
im Notfall einen Schluck Eierlikör.
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