Er steht in jeder Wohnung. Gehört zum Inventar jedes
Hauses. Er bringt Familien zusammen, Ehen auseinander und Kinder sollen ihn
gefälligst nur in kleinen Dosen geniessen. Er ersetzt Freunde, kann sprechen,
aber nicht sehen. Wenn es uns zu bunt wird, dann kann man ihn abstellen, ohne
dass er beleidigt ist. Wenn wir es
wollen, dann spielt er Musik, lässt unserer Herzen bei Liebesfilmen höher
schlagen, bringt uns auf den neusten Stand, zeigt uns, wie andere Leute nicht
singen können, keine Frau finden, mit dem Auswandern nicht zurechtkommen. Es
ist eine Wonne! Er ist ein Supertalent, das wir per Knopfdruck dominieren. Wir
brauchen dazu noch nicht mal aufzustehen. Es reichen zwei bis drei
Fernbedienungen und schon ist man im Paradies.
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Der Fernseher ist das liebste Familienmitglied und
zwar aus all den oben genannten Gründen. Er steht immer im Mittelpunkt. Häufig
ist er im Wohnbereich zu finden. Manchmal hat er sein eigenes Zimmer und ganz
oft hat er sich bereits multipliziert und es findet sich in jedem Raum einer.
Er hat nur einen Makel: Seit über sechzig Jahren ist er äusserlich ein
hässliches Entlein geblieben, das zwar flach und HD tauglich gemacht wurde,
aber das Upgrade zum Schwan verpasst hat. Jetzt sitzt er zu Hause, schwarz und
gross. Seine Freunde, die Setup-Box, der DVD-Player und die Playstation halten
sich silbergrau stets in seiner Nähe auf und wollen in Sichtweite sein, sonst
verweigern sie den Dienst. Die Fernbedienungen verstecken sich verschämt
zwischen den Sofakissen.
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Für die Inneneinrichtung sind Fernseher eine echte
Herausforderung. Von Männern für Männer entwickelt, hat man es in all den
Jahren nicht geschafft, diese Kisten hübsch aussehen zu lassen. B&O hat
sich viel Mühe gegeben, aber gereicht hat es auch nicht. Bunter ist nicht
schöner, nur teurer und auffälliger. Hätten mehr Frauen bei der
Weiterentwicklung der TVs mitgewirkt, dann hätten wir vielleicht heute kein HD,
was sowieso keiner braucht, aber wir hätten Shabby Chic Flimmerkisten, die im
Ruhezustand aussehen, wie ein Stillleben mitsamt barockem Rahmen und die bei
Inbetriebnahme direkt den Suchlauf für den nächsten Rosamunde Pilcher Film starten.
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Nun schlagen wir uns halt mit den Ungetümen herum, die
man uns in die Wohnungen stellt. Den Männern und ihren Fernsehgeräten. Wenn man
sie wenigstens ordentlich verstecken könnte, aber bei den gigantischen
Bildschirmgrössen, die es offenbar braucht, um ein Formel Eins Rennen oder
Bruce Willis im ständig verdreckten T-Shirt sehen zu können, hat Frau keine
Chance. Ein TV-Möbel, das diese Dimensionen in sich verbergen kann und
gleichzeitig äusserlich ansprechend aussieht, ist nach menschlichem Ermessen
nicht herstellbar. Da gibt es nur eines: Der Putzfrau einen grossen Bonus
versprechen, wenn sie das Monster beim Boden wischen aus Versehen vom Sockel
stösst und vor Schreck noch den Putzeimer hinterher kippt, bis die Funken
fliegen.
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Was danach kommt ist ein moderater Fernseher, der dank
HD auch im Kleinformat gestochen scharfe Bilder platzender Reifen und
explodierender Flugzeuge liefert, während er, ganz in Weiss gehalten, fast
nahtlos in die Wand übergeht. Seine Freunde finden im hübschen Schränkchen
darunter Platz, das mit Gittertürchen geschlossen wird, damit sie den Kontakt
nicht verlieren, und die Fernbedienungen wohnen alle zusammen in einer
silbernen Schale auf dem Salontisch. So hat alles seine Ordnung. Desperate Housewives
kommt immer dienstags, Pilcher oder Danella meistens sonntags, das Champions
League Finale kann sich Mann beim Public Viewing anschauen und die Putzfrau hat
sich vom Bonus ein 52 Zoll Home Cinema gekauft. Ay caramba!
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