Donnerstag, 24. Mai 2012

Landhaus Diva Portrait

Tamara Krieger: La Landhaus Diva ganz privat

 

Mein Landhaus ist eine Wohnung im zweiten Stock eines Mehrfamilienhauses im Aargau mit wunderbarem Blick auf den nahen Waldrand. Hier bin ich ganz Diva. Hier kann ich  mich ganz und gar entfalten. Mein Refugium ist ein Sammelsurium ausgesuchter Einzelstücke, Altertümlichkeiten, Mainstream-Möbeln von IKEA & Co. sowie Skurrilem, das meinem Zuhause meinen ureigenen Stempel aufdrückt. Es lebt von den vielen Kleinigkeiten, die ich behutsam zu Stillleben arrangiere. Es strahlt Ruhe und Gemütlichkeit aus, die von liebevollen und überraschenden Anblicken durchbrochen werden. Ich bin eine Romantikerin mit einem Hang zur Exzentrik, der in meinem Heim ganz explizit zum Ausdruck kommt, weil mir das Ungewöhnliche am Herzen liegt.

Anordnung von Kindern und einer Eule im Wohnzimmer
 
Ich treibe mich gerne in Brockenhäusern und auf Flohmärkten im In- und Ausland herum. Wenn ich ein Stück entdecke, das von der Ästhetik verlassen scheint, ich aber die verborgene Schönheit darin erahne, dann muss ich es einfach mitnehmen. Den Liebreiz später sichtbar zu machen, ist mein grösster Triumph. Ich male Möbel an, Bilder um, oder setzte Einzelteile neu zusammen. Oft bleibt ein Stück lange im Atelier stehen, weil ich keine Idee habe, wie ich es verwandeln kann. Doch irgendwann kommt immer das grosse Heureka und der Phönix erhebt sich aus der Asche.

Stillleben im Gästebad
 
Wenn ich auf Beutezug bin, dann müssen regelmässig auch Bilder,  Kleinmöbel, Büsten oder Lampen mit, für die in meiner Wohnung kein Platz ist. Diese warten dann im Keller auf ihren Einsatz, der früher oder später kommt – im eigenen Heim, im Zuhause von Freunden oder Kunden. Als Landhaus Diva erkenne ich Potential, wenn es mir über den Weg läuft. Weil mein Stil von der Abwechslung lebt, weiss ich auch, in welchen Geschäften man gute  Stücke und Accessoires findet, die den Look vervollständigen. Das Auskundschaften dieser Shops bereitet mir die grösste Freude und ich bin immer wieder berührt, ob der Passion, welche die Ladenbesitzer an den Tag legen. Oft sind es verwandte Seelen. 

Eingangsbereich mit gesammelten Portraits
 
Ein furchtlosen Umgang mit allem, was das Leben anmutiger, vergnügter, aufregender macht, ist mir angeboren und ich erachte es geradezu als meine Pflicht, die Objekte zum Leben zu erwecken, die mit Klischees besetzt sind, profan, spiessig oder morbid erscheinen. Das Geheimnis ist es, den Blickwinkel zu wechseln und auf seine Intuition zu hören, damit die Schleusen der Kreativität sich öffnen und  sich plötzlich ungeahnte Möglichkeiten ergeben. Manche mögen Benzin im Blut haben, ich habe Champagner im den Venen, Perlen am Hals und den Willen die ganze Welt zu schmücken.


La Landhaus Diva




Die menschliche Seele
braucht Schönheit
in noch höherem Mass
als Brot.

D. H. Lawrence




Detail Madonnas im Wohnzimmer
Wohnzimmer 
Detailansicht Wohnzimmer

Männchen im Gang
Skulpturen im Wohnzimmer
Ankleidezimmer
Detailansicht Ankleidezimmer
Detailansicht Madonnenbilder im Schlafzimmer
Antikes Grabkreuz im Schlafzimmer
Nachttischchen
Einblicke ins Atelier
Bücherregal im Atelier
Pinboard voller Inspirationen im Atelier
Wohnzimmer mit Diva

Donnerstag, 17. Mai 2012

Patina - Der vorbildliche Makel


Meine Grossmutter kochte am liebsten mit Bratpfannen, die sie von ihrer Mutter geerbt hatte. Sie wurden niemals abgewaschen, sondern lediglich mit einem Tuch ausgewischt. Das war ganz wichtig und wir wurden schon als Kinder dahingehend instruiert. Diese Pfannen waren innen und aussen fast schwarz. Sie hatten Patina. Natürlich werden die Hygienefanatiker jetzt die Hände in die Höhe werfen und sich vor Ekel schütteln, aber was soll ich sagen: Sie wissen halt nicht, was ihnen entgeht. Ich koche noch heute mit einem Bräter, den ich von meiner Grossmutter übernommen habe und an dem aussen Saucenreste der letzten sechzig Jahre eingebrannt sind. Dem Boeuf Bourguignon, das ich darin zubereite, ist das egal, und denen, die es essen, ebenfalls. Der Geschmack zählt und der ist fantastisch. Der Look ist für einmal Nebensache.
 
Source: www.thefleastyle.com

Nicht so bei Möbeln. Dort ist Patina auch von aussen wünschenswert. Stücke, die abgeliebt, aufgeplatzt oder rostbefleckt sind, wirken authentisch, familiär und passen mit ihrem Charme in jedes Heim. Ausserdem sind sie im Umgang sehr pflegeleicht und können gut mit Kindern. Man kann sie ohne schlechtes Gewissen abschmirgeln, anmalen, absägen oder sie ganz einfach so lassen wie sie sind – ramponiert aber herzlich. 

Source: www.thefleastyle.com

Im Gegensatz zu leicht verschlissenem Mobiliar sind richtige Antiquitäten eine heikle Angelegenheit, weil sie so Ehrfurcht einflössend und poliert sind. Meistens haben sie einen beachtlichen monetären Wert, was bedeutet, dass es nicht opportun wäre, das dunkle Mahagoni einfach weiss zu streichen. Obwohl ich so was natürlich ohne mit der Wimper zu zucken tun würde. Man kann nichts mitnehmen, meine Damen und Herren, schon gar keine Louis XV Kommode, ausser man lässt sich darin begraben. Immerhin wäre das ein ganz schön fulminanter Abgang. Chapeau, wer sich das traut!

Source: www.thefleastyle.com

Jedenfalls erspart man sich viel Ärger mit der Nachkommenschaft, wenn man sich auf wenige echte Antiquitäten beschränkt und dafür umso mehr liebenswerten alten Kram anschafft, der den Look auflockert und erst noch kostengünstig ist. Patina muss her. Sie bringt Behaglichkeit. Unvollkommen, wie sie nun mal ist, hat sie doch das pure Leben in sich. Die Ehrlichkeit eines Möbels mit Erfahrung ist es, was den Unterschied macht. Altersflecken auf einem Bild, abgewetzte Stellen auf einem Sofa, abgesplitterte Farbe an einem Schrank, ein abgebrochener Finger an einer Statue, angerostete Gartenstühle. Hinter all diesen scheinbaren Verunstaltungen, Fehlern und Unvollkommenheiten stecken Geschichten, die von Schusseligkeit, Vergnügen und Geselligkeit erzählen.

Source: www.thefleastyle.com
Eine Einrichtung ist wie eine grosse Familie. Damit sie einem Geborgenheit geben kann, muss im Idealfall alles mit dabei sein: Der liebenswerte Grossvater in Form eines uralten, weisen Lehnstuhls. Die Mütterlichkeit einer in Würde gealterten Anrichte, die mit etwas Farbe gekonnt und glamourös im Rampenlicht steht. Die Jugendlichkeit einer brandneuen, unbeschwerten Designerlampe und natürlich die Exaltiertheit eines Empire-Tischchens mit goldenen Klauenfüssen. Harmonie entsteht dort, wo die Unterschiede zu einem aufregenden Ganzen zusammen wachsen.

Perfektion ist eine endlose Aneinanderreihung von blassen Makellosigkeiten. Patina jedoch erweckt die Vollkommenheit erst zum Leben. 


Source: www.thefleastyle.com


Last night as I lay
Sleeping I dreamt
O’marvelous error,
that there was a
beehive here inside
my heart and the
golden bees were
making sweet honey
from all my failures.

Machado de Assis

Donnerstag, 10. Mai 2012

Das Glück einen Vogel zu haben


Erinnern Sie sich noch an die Lobby von Norman Bates Motel im Film „Die Vögel“? Voller ausgestopfter Flattertiere mit gelben Augen. Brillant von Hitchcock in Szene gesetzt. Viel weniger einschüchternd waren  Amsel, Drossel, Fink und Star, die in den Vitrinen beim Schulhauseingang sassen, obwohl sie immer leicht verstaubt waren. Heute würde sich manche Interior Stylistin so eine Vitrine wünschen. Diese zum Beispiel. Gibt es denn etwas Schöneres als eine Stockente im Wohnzimmer zu haben? Sie finden es pietätlos sich tote Tiere ins Bücherregal zu stellen? Na da entgeht Ihnen aber etwas!

http://pinterest.com/landhausdiva/animal-inspired-interiors/
Ich würde mir ein Lämmchen wünschen oder einen Schwan, aber fachmännisch präparierte Tiere sind teuer. Aus gutem Grund: Das Handwerk des Tierpräparators, auch Taxidermist genannt, gibt es seit dem 18. Jahrhundert und erfordert grosses Können und weitreichendes Wissen um die Anatomie der Tiere. Ausserdem muss ein Präparator immer auch ein Künstler sein. Im 18. Jahrhundert wurden Tiere wie Kopfkissen ausgestopft. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts ging man dazu über, einen Grundkörper aus Ton, Holz, oder gepresstem Stroh herzustellen, was grosses gestalterisches Talent voraussetzt. Danach wird die Tierhaut gegerbt, auf den Grundkörper aufgezogen und die Gliedmassen oder Flügel sowie der Kopf fixiert. Zwei Glasaugen kommen noch dazu und am Ende wird der Rumpf fein säuberlich zugenäht. Fertig. Fast wie in der Beauty Klink. Schönheitschirurgie ist im Grunde auch nichts anderes als Taxidermie am lebenden Objekt.

Picture Source: http://pinterest.com/landhausdiva/animal-inspired-interiors/

Hauptsächlich zu Studienzwecken wurden Tiere früher präpariert. Leider erlagen auch skrupellose Kolonialherren ihrer Faszination und erhoben sie zu begehrten Jagdtrophäen, die sie zu einem Symbol sinnlosen Tötens machten. Heute werden legal erlegte Wildtiere sowie Haustiere auch aus nostalgischen Gründen gerne ausgestopft. In der Kunst haben präparierte Viecher einen besonderen Stellenwert. Nicht wenige angesagte Künstler integrieren sie in ihre Arbeiten. Aus einigen Taxidermisten wurden Künstler, die mit ihren Werken den sanften Liebreiz, die rohe Wildheit oder die abgrundtiefe Schönheit der Lebewesen in ihren Werken zu erfassen mögen. 

Kunstwerk von Polly Morgan, www.polymorgan.co.uk
 
Es wäre also wirklich schade, wenn man sich die Freude an einem Stopfküken verderben liesse, aufgrund von oberflächlichen Vorurteilen der ungerechtfertigt morbiden Sorte. Dekorieren mit Tieren, die einmal geschnattert, gepiepst oder gemümmelt haben, verleiht dem Raum einen märchenhaften Charme. Ein gelbes Kanarienvögelchen auf dem Nachttisch, ein zünftiger Feldhase neben dem Kamin oder ein anmutiger Fasan auf der Anrichte sind bezaubernde Kunstobjekte, die jedem Besucher ein Schmunzeln auf die Lippen zaubern und sie vor Neid erblassen lässt. Zugegeben, es brauch etwas Mut und Phantasie, sich anstelle einer Halogenlampe ein Krokodil über den Esstisch zu hängen, aber es lohnt sich einen solchen Schritt zu wagen, denn Exzentriker leben länger und können nach ihrem Tod besser präpariert werden.

Kunstwerk von Polly Morgan, www.polymorgan.co.uk

Ich persönlich habe vor kurzem auf dem Flohmarkt einen stattlichen Erpel zu einem guten Preis erworben, der nun in meinem Wohnzimmer wohnt. Ich fand ihn an einem Stand, der angefüllt war mit Hirschgeweihen und geschnitzten Gämsen. Er stand ganz hinten. Etwas verdeckt. Als ich ihn entdeckte, war es Liebe auf dem ersten Blick. Er ist nicht perfekt. Es fehlen ihm ein paar Federn. Sein Name ist Kaiser Franz und der Schalk sitzt ihm im Nacken. Manche mögen sagen, das Glück dieser Erde läge auf dem Rücken der Pferde. Für mich tut es auch eine Ente. Und ein Hase (Anmerkung der Redaktion). Eins haben alle ausgestopften Tiere gemeinsam: Sie sind zwar tot, dafür absolut stubenrein.

Kaiser Franz



Donnerstag, 3. Mai 2012

Die Ohnmacht und der Afternoon Tea

Image: blog.bt-store.com
Es ist ein Ritual. Ein Moment der Einkehr mitten am Nachmittag.  Es gibt erlesenen Tee und Köstlichkeiten von der Etagere. Es wird geplauscht, geschwatzt und philosophiert.  Es gilt dem kleinen Hunger beizukommen. Und zwar mit Hilfe des Afternoon Tea. Erfunden  wurde er um 1840 am Hofe Königin Viktorias von England.
 
Image: marriedtothesea.com
Zu dieser Zeit geruhte man am Hof nur zweimal täglich zu essen: Spätes Frühstück und noch späteres Dinner.  Und auch dann nahmen die Damen nur kleine Portionen zu sich, sonst passten sie nicht mehr ins Korsett.  Size-Zero-Taille war damals angesagt und Bruce Darnell hätte sich höchstens an einer lebendigen  Hand(e)tasche erfreuen können, wenn die Hofdamen die heimlich gehorteten Sandwiches darin vergassen.
Nun sassen die Ladies in ihren eng geschnürten Kleidern den ganzen Tag herum, stickten, zupften die Laute, klimperten auf dem Spinett oder spielten Karten. Am Nachmittag ging dann die grosse Ohnmacht los. Wenn sie im Garten lustwandeln wollten, konnte es schon vorkommen, dass die Gräfinnen reihenweise beim Aufstehen umkippten, dass die Röcke nur so flogen und die Kammerdiener vor lauter Pumphosen das grosse Halleluja anstimmten. Da half dann nur noch Riechsalz, um die Madams wieder ins Spiegelkabinett zurück zu holen. Und auch dann torkelten sie den restlichen Nachmittag nur noch mit blasser Miene unterm Sonnenschirmen durch den Hyde Park.

Anna Russell, Duchess of Bedford
Die Duchess of Bedford , eine Hofdame und Kammerfrau von Königin Viktoria, machte diesem Spuck ein Ende. Sie fand es schlicht nicht erstrebenswert ständig besinnungslos zu werden. Jedenfalls nicht wegen akuter Unterzuckerung! Ausserdem war das unmotivierte Umfallen weder ihrer Frisur noch den sorgsam gebauschten Rüschen ihres Rockes förderlich.  Sie liess sich alsdann täglich um 17.00 Uhr Tee, Gebäck und Sandwiches servieren. Anfangs  noch heimlich auf ihrem Zimmer. Als jedoch die anderen Hofdamen davon Wind bekamen, wollten alle dabei sein, wenn es die konspirativen Leckereien gab, die ihnen den langen Nachmittag versüssten. Und so kam es, dass die Herzogin später ganz offiziell auf ihrem Landsitz zum Afternoon Tea einlud, bei welchem sich Hochadel und Politik die Klinke in die Hand gab, von den Fingersandwiches ganz zu schweigen. Eine Tradition war geboren, die noch heute genüsslich auf der ganzen Welt zelebriert wird.

Image: affordableutahweddings.com
Sogar in Helvetien kann man in ausgewählten Hotels den Afternoon begehen. In London natürlich sowieso und man sollte das durchaus mal probieren. Übrigens ist es in zwischen kein Fauxpas mehr, nach der ersten Tasse Tee nur noch Kaffee oder Espresso zu bestellen. Nicht jeder ist ein Teefetischist, möchte aber die Geselligkeit und die süssen und würzigen Versuchungen nicht missen, die es bei diesem viktorianischen Vergnügen zu geniessen gibt. Von der Latte Macchiato sollte man dennoch in diesem Zusammenhang nicht Gebrauch machen. Der richtige Afternoon Tee besteht auch heute noch aus ganz viel Duchess und nur ganz wenig Principessa.

Afternoon Tea gibt es hier:

Hotel Eden au Lac / Zurich / www.edenaulac.ch / täglich 13.00-17.00 / ab CHF 29

The Dolder Grand / Zürich /  www.thedoldergrand.com / täglich 14.00-18.00 in der Lobby
ab CHF 59
 
Restaurant Carlton / Zürich /  http://www.carlton.ch/ / September bis Mai /  Mi-Sa / 14.30-17.00
ab CHF 39
 
Hotel Palace / Luzern / www.palace-luzern.ch / Sa-So / ab 14.00 / ab CHF 29

Hotel Bellevue Palace / Bern / www.bellevue-palace.ch / täglich 14.00-18.00 / ab CHF 29
 
Hotel Le Trois Rois / Basel / http://www.lestroisrois.com/ / täglich 14.00-16.00 und 16.30-18.30
ab CHF 59