Montag, 13. Oktober 2014

Glasklare Anordnungen

Die einfachsten Dinge des Lebens erleben ein Upgrade alleine dadurch, dass sie unter eine Glasglocke gestellt werden. Eine Cloche aus Glas ist ein imaginäres Podest. Alles was sich darunter befindet, wird vom Betrachter unbewusst als wertvoll eingestuft. Warum auch sonst sollte es darunter deponiert worden sein? So werden aus ein paar Überresten von Schalentieren eine seltene Muschelkollektion oder aus einer Anordnung von Sahne-Baisers ein exquisites Dessertbuffet der Upper Class. Es ist ganz gleich, was man hinter Glas zur Schau stellt, es wird immer die volle Aufmerksamkeit des Publikums haben. Die Unberührbarkeit eines Objekts lässt darauf schliessen, dass es entweder von grösster Wichtigkeit, immensem Wert oder höchster Fragilität ist.  Alles Attribute, die uns zum Staunen bringen, aber auch ein bisschen Demut hervorrufen. 
 
Source: http://www.housetohome.co.uk
 
Wie im richtigen Leben ist jedoch unter einer Glasglocke nicht alles Gold, was glänzt. Aber eigentlich ist das ganz egal. Unwichtigkeiten und Alltägliches auf einen Sockel zu heben, macht unglaublichen Spass und ist darüber hinaus auch ein klein wenig revolutionär. Eine Ansammlung von alten Glühbirnen unter eine Glasglocke zu stellen, ist fast ein bisschen so, als ob man der Hautevolee und den ihnen vertrauten Parametern einen Bären aufbinden will. Oder den viel gelobten Kunstkennern, die sich schon von manch einem Unsinn haben einwickeln lassen. Für den Künstler Damien Hirst bedeutet diese Einschätzung übrigens finanzielle Unabhängigkeit bis an sein Lebensende. Er hat Kälber zersägt und Haie eingelegt, aber er hätte genauso gut Birnen unter Glas glühen lassen können.
 
 
Source: http://www.tumblr.com
 
Dinge unter Glasglocken zur Schau zu stellen, ist eine sehr alte Tradition. Ab circa 1850 kamen die Kuriositätenkabinette in Mode. Darin wurden skurrile, ausgestopfte Tiere gezeigt, Schmetterlinge und Schrumpfköpfe. Alles unter Glasstürzen. Im gleichen Zeitalter wurde in Frankreich den Hochzeitspaaren ein Globe de Mariee geschenkt. Er war dazu gedacht, dass die Braut ihr Hochzeitsbouquet unter Glas aufbewahren konnte, wobei das Samtkissen, worauf es ruhte, mit allerhand goldenem Blätterwerk und fragilen Glasperlenkügelchen verziert wurde. Diese Globes sind heute vielgesuchte Antiquitäten. Um Wachstum ging es den Gärtnern, noch bevor sie an Kuriositäten dachten. Sie bedeckten junge Pflänzchen mit einer Glasglocke, damit sie von der Sonne warm gehalten werden und so besser gedeihen konnten. In den Küchen der englischen Herrenhäuser hingegen wurden Käsesorten wie der Stinky Bishop unter Glas gestellt, um die Fliegen fern zu halten, aber auch weil der Name bei diesem Käse Programm war.
 
Globes de Mariee / Source: http://www.delusionsofgrandeurblog.com
 
 
Glasglocken sind in der Innendekoration heute ein gefragtes Accessoire, das mehr Möglichkeiten bietet, als man aufzählen kann. Antike Varianten sind wünschenswert, aber preislich eher hoch eingestuft. Neue Glasglocken hingegen sind für jedermann erschwinglich und unterscheiden sich nicht wesentlich von ihren „vintage“ Pendants. Eine Sammlung von Chloches ist übrigens auch ein Blickfang, ohne dass darunter etwas präsentiert wird. Wenn man allerdings Objekte herzeigen möchte, dann sollten sie bemerkenswert simpel, horrend teuer, unfassbar schön oder abgrundtief hässlich sein, um den Betrachter nachhaltig zu fesseln. Letzteres ist nur zu empfehlen, wenn man regelmässig Kunstmäzene zu Gast hat, und auf jeden Fall zu vermeiden, wenn man nachts oft raus muss und eine schreckhafte Natur aufweist. 
 
Source: http://www.sarahklassen.com
Source: http://finderskeepersmarketinc.blogspot.ch
Source: http://www.homebarnshop.co.uk
Source: http://www.mothology.com
Source: http://charlotteminty.blogspot.ch
Source: http://fleaingfrance.tumblr.com
Source: http://thevintagebricoleur.blogspot.ch
Source: http://www.sheilazellerinteriors.com

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